„Schrecken ergriff mich, als ich zum Hasen wurde,
und Akzeptieren wurde dann zur Gewohnheit.“
„Wär’s wahr, ich brächt’ mich um.“ „Welches Fatum
haben denn die Hasen?“ „Den einfachen Tod.“
„Mich beherrschte eine widerliche Angst, nachts
piepste ich und knabberte an Kohl- und an
Tabakblättern. Im Winter lebt’ ich auf Vorrat.“
„Ich will kein Hase werden, sondern ein Vogel
und mich in den Dornen verheddern.“ „Der Hase stirbt
vor Kälte, vor Hunger, vor Alter und erschossen.
Oft ist den Vögeln ein heftiger Nachtwind
genug, aus Norden zwischen den Enten
im Tiefkühlfach.“ „Herz - er auf der Terrasse -,
uns wird eine Dachrinne einfach aufsaugen
an einem Regentag, Emblem der Gewalt.“
„Schon seit langem wollt’ ich zwischen Bäumen
mich ergehen: Vogel werden und im Sommer-
Laub den Stollen entdecken, der zu der
Grundfeste führt.“ „Die Wurzeln berühren
und die Nährstoffe lecken.“ „Die Alte bellt,
sagtest du, und der Trottel ist gegen die Wand
gefahren mit dem Rad. Ärgerlich hebt er die Maske
auf von den Steinen und fällt zurück in die Ungewißheit
eines wütend sich gebär(d)enden Universums.“
„Ich rutsch’ aus beim Schwimmen: die gefährlichen Algen.
Ich versink’ in dichter Vegetation, die mich bedeckt,
und ich unter Ameisen und Laub. Ich kau’ an Federn,
fast als wär’s Erkenntnis: mit dem Licht
des Tages zwischen den Ritzen und all dem Staub
der sich erhebt in einem Wimmeln aus Schutz
und Erlösung.“
Bei den Haaren ergreift uns der Wind, es stimmt,
hinter der Wolke hält ein : ein spiegelnder Himmel:
im befleckten Schatten erreichte ihn Herzens Stimme.
Abends auf der Terrasse fuhren sie fort, glücklich:
„Wird je die Willkür enden zwischen Tag und Nacht?“
der autor hat eine anmerkung zu diesem gedicht, die ich hier wiedergebe: Ein wirklicher Dialog zwischen Freunden; einige Themen (der Baum, die Terrasse, der Radfahrer) verweisen auf tatsächliche Lokalnachrichten. Das Gedicht sondiert die Bedeutung der Wirklichkeit: menschliches und tierisches Geschick sind miteinander verbunden, doch der Mensch versucht, die natürlichen Bedingungen zu überschreiten, das Reich der Willkür, und bei diesem Versuch, diesem Suchen, wird ihm ein Moment der Hoffnung und des Glücks. Der Dialog wird durchlaufen von einem Gefühl der Zerbrechlichkeit, der Impotenz (der Ohnmacht) und der Misere, ergänzt-ersetzt-vertreten jedoch von einer intellektuellen Liebe.
Herz bedeutet cuore und verweist natürlich auf die gleichnamigen Wellen. Dieser Name mit seinen reizvollen Implikationen trägt zur Verstärkung des Realen bei, was das eigentliche Thema des Gedichtes ist. Der letzte Vers ist eine auf Novalis beruhende Kontamination: „Bisogna sempre che torni il mattino? / Non ha fine l’arbitrio terrestre?” (Ü Poggioli).
er irrt sich allerdings und bringt herz und hertz und herschel durcheinander: meint aber doch unterschwellige wellen, von denen er nichts weiß, wie bei beckett der namenlose, der sich im kohl verkrabbelt, weil man ihm erzählt hat, er sei dort mal als mensch in allem anfang abgelegt worden. ich bin den osterhasen sehr hold: sie [antworten, den satz prompt unterbrechend auf eingehende mails dito prompt]...
nach dem original von Antonio Porta mit dem Titel „Dialogo con Herz“, veröffentlicht in „I Novissimi. Poesie per gli anni ’60“, Turin (2) 2003.
es gibt nur eine gewalt : die gegen das andere geschlecht : was immer man : darunter : verstehen mag : und alles leitet sich : davon ab
ich sollte wohl mit der nase darauf gestoßen werden: Ranke-Graves ist ein Dilettant im allerbesten Sinne des Wortes: eben ein Liebhaber, den es ärgert, daß den Stoffen die Realgeschichte ausgetrieben wurde, und der unter dem Einfluß Bachofens versucht, den historischen Geschlechterkampf, den Kampf also zwischen Matriarchat und Patriarchat als das Prinzip zu bestimmen, das die Stoffe innerviert und zur Ausbildung der Figur des Heros nötigt. - Klaus Heinrich, arbeiten mit herakles, S. 23 [nachtrag vom 18.5.08]
sie sei’s : sagte
sie ob : sie die
sei die : ich sagt’
sie nein : sie sei
nicht die : sondern
die und : sagte
es und : da war’s
vorbei : was ja
vorbei : nehm’ ich
mal an : so ganz
ohne : warten
auf das : ende
so un - : happy
(als wartete
einer auf c
wo b nicht da
und a immer
noch urlaub macht)
m’accenderò
come l’erba secca
e così mi torna
quel verso fieno
che “I wish I were
a hay” sich in den
scheuern ein ‚zu
hause’ wünschte
zu liegen aber auch
wie trocken gras
so hochentzündlich
werd’ ich sein und
es kehrt, was jener heu-
sich -duft’-ich-vers
„I wish I were a hay“
nel fienile odorando
per un ‘a casa’ auspicava
Als im weißen Mutterschoße aufwuchs Baal
war der Himmel schon so groß und weit und fahl
blau und ungeheuer wundersam
wie ihn Baal dann liebte - als Ball kam.
so klampft’ ich mich und weiß erst jetzt um ihn
v-effekt
BAAL schneller, angstvoller: Ich komme nicht ohne Erfolge. Das darfst du nicht glauben. Man kennt mich. Nicht nur die Polizei, weißt du. Damit ist es vorbei. Ich arbeite jetzt. Ich werde große Bücher schreiben....
Und schlägt Baal einmal zusammen was
um zu sehen wie es innen sei -
ist es schade, aber ’s ist ein Spaß
und ’s ist Baals Stern; Baal war selbst so frei.
so taucht unter ihm unter ein schall, ein fassbinder, ein loses hintreiben (Genuß macht schwach), ein anarchisch sich hinwesend sein... war da, wo ich anfing... und mir - langfing - stahl, was war.
(chi sa due lingue vive due vite) - Elio Pagliarani (in: I novissimi. Poesie per gli anni ’60)
wird auch, wer zwei leben lebt, in je einer sprache sich kontaminieren lassen von der anderen, und sprechen die sprache, die das leben einem jeweils auferlegt.