Mittwoch, 8. März 2006

käfige XVII

sandkasten

gelbe plastikplane überm sandspielkasten : regenwasser : erde : kiefernnadeln : hineingeworfenes
das bild zum vorigen käfig : es hat meinen vatergroll : auf abwege gebracht : er : jung und strong : ein lässiges lächeln mit pfeife : der schatten meiner mutter
winter und kalte winde : tagelang : regen und herabfließende erde : jetzt erst : unter einem statischen himmel : der zwar licht gebiert : aber auch schatten wirft
was ein blinder mit dem krückstock sieht : ich sehe es nicht mit wachen augen
und mir ist als hätten wir am wege in der nähe unserer ersten wohnung : rasierklingen gefunden : und jemand hätte sich geschnitten : und es sei blut aus der wunde geflossen : spiele mit nachbarskindern : die bald wieder fortzogen : grad so wie ich : spielend immer noch : weiterziehend immer noch : das leben als dia-show : das eine verdrängt das andere : und so immerfort : A sagt das auge : und vergißt es beim B : während der mund schon beim C : und die hand sich ein D hascht

Dienstag, 7. März 2006

der himmel streicht ...

der himmel streicht
die wolken aus der stirn
und blinzelt ein schneeaug’
von ferne

sein blick fällt auf erde
die langsam dich zuleckt
mit zungen, die triefen
von nässe und lehm

die lallen so schwer
wie der schritt eines vaters

dessen stein
dir die zähne ausbricht

Montag, 6. März 2006

[Wo das Meer stillsteht 4,24]

Der süden

der ozean benutzt die stärke einer jeden gebärmutter-kontraktion
um den ozean zu leugnen – der stechende schmerz lebendig gebratener fische
den tod zu leugnen, ist nichts als nichtig
die blauen bücher auf dem kopf – von blinden geleugnet
sonnenlicht beleuchtet das geschlecht der jungen reiterin
doch dunkelgrüne beine am strand verbreiten gerüchte

wenn der zwölfmonatssommer dich nicht leugnet, haßt er dich
reicht dein ganzes leben – diesen einen tag zu leugnen?

ein in deinen lebenslauf eingefügter tisch
macht dich unfähig, dieser grausamen hitze zu entfliehen
eine zartgesottene leiche – prallt weiterhin mit deiner nacht zusammen
schweißtriefende wolken tränken das wörterbuch
sich an der luft zersetzender aufgeblähter fisch – geschrieben von ungeschriebenem
auf die seite unter deinem fuß, die du niemals erreichst
wieder einmal geleugnet durchs auffliegen

je mangelhafter das brüten – freudiger – desto leichter wird es zerstört

[Wo das Meer stillsteht 4,23] <<>> [Wo das Meer stillsteht 4,25]
Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

Samstag, 4. März 2006

grüne messer dreht ...

grüne messer dreht
der lorbeer
in den bauch des windes
sein blut orgelt
pfeifend ums haus

vor jedem fenster
mein abgeschnittenes ohr
vor jeder tür
dein lösegeld
fordernder mund

Freitag, 3. März 2006

modellie-

modellie-
modulie-
melodie-
limo die
erd'
und kneten
ein -ren

rentier

Salustius, Über die Götter und die Welt – 9,8

9,8 Wenn dann die Schlechten in all ihrem Glück gedeihen, und die Guten in Armut leben, dann muß das nicht verwundern: da jene durch den Anreiz des Geldes alles unternehmen, diese hingegen nichts. Und wie das aufgehäufte Glück der Schlechten nicht deren Laster von Grund auf entwurzeln wird, so wird den Armen einzig die Tugend ausreichen.

[Salustius 9,7] <<>> [Salustius 10,1]
Einleitendes

Donnerstag, 2. März 2006

das kannst du nicht sagen ...

das kannst du nicht sagen
welche „tümpel aus obst“?
wo doch nur unbeweglich
ein spiegel in der
zehntelsekunde noch
bevor der frosch
ihn durchbricht
und dein bild als welle
sich entschließt
wahr zu scheinen
im licht

kirschen der eigenliebe
ins dunkel einer vorahnung
von juni getaucht

(assoziationen zu „Harmonika“ von Paul Celan und einem berühmten haiku von Basho)

gar nicht milde ...

gar nicht milde
wie sein name
startet zephyr
auf dem schachbrett
der jahreszeiten
mit dem bauern in c4

Mittwoch, 1. März 2006

[Wo das Meer stillsteht 4,23]

Der norden

felder fahren schlitten – gleiten still in die vergangenheit
die straße – bestätigt lediglich, daß der himmel zerbröckelt
wie das verbrauchte weiß hinter jedem buchstaben

zeit – bloßgelegt
bei null grad – verprügelt blaßrotes dickicht den eifer des frühlings

ein fenster läuft schneller als ein hase
du wirst abgelenkt – gestopft in einen körper aus geschorenem hasenfell
die ohren hochgestellt von weißen fußstapfen
licht – festgenagelt in richtung kälte
eine so vorzügliche krankheit, das sie den menschen unbekannt
du siehst nicht – daß auch die organe des hasen den horizont verbergen
entzündung – gelächter
verschwinden gänzlich im unwandelbaren schnee

falls es erinnerung gibt
bist du vollkommener, wenn du abgeschnitten wirst

[Wo das Meer stillsteht 4,22] <<>> [Wo das Meer stillsteht 4,24]
Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

Dienstag, 28. Februar 2006

wir weben

wir weben
und weben
der teppich
ist blau
das muster
der äste
es zittert
noch grau

weiße taube
von rechts
nach links

Montag, 27. Februar 2006

gestern morgen der fuchs

gestern morgen der fuchs : auf dem nachhauseweg : schaute kurz : zu mir herüber
heute mit dem auto : ins dorf : zigaretten holen
dies ist dein brot : und dies mein wein
dank- und grußrezitativ im supermarkt
ein löffelreiher : auf der überschwemmten wiese : rührt sich nicht
die abdrücke der nassen schuhe : auf dem fußabtreter
der regen : hört sich an : wie ein teppich : der schritte schluckt

bewegt sein: bewandert sein - erfahren sein - verlaufen sein

Sonntag, 26. Februar 2006

Salustius, Über die Götter und die Welt – 9,7

9,7 Wie bereits im Fall der Vorsehung und Fatalität, so besteht das Glück gleichermaßen für Völker und Städte wie für den einzelnen Menschen. Es bleibt jetzt auch hiervon zu sprechen.
Gegenstand des Kultes ist unter dem Namen der Fortuna die Kraft der Götter, welche die unterschiedlichen Angelegenheiten und die unerwarteten Vorfälle aufs Beste verfügen. Deshalb ziemt es besonders den Städten, die Göttin durch einem öffentlichen Kult zu ehren, da jede von ihnen aus einer Verquickung unterschiedlicher Elemente hervorgeht. Sitz ihrer Kraft ist der Mond, denn jenseits davon kann ein Vorfall sich nicht einmal auf gut Glück ereignen.

[Salustius 9,6] <<>> [Salustius 9,8]
Einleitendes

Samstag, 25. Februar 2006

warten auf die ...

warten auf die
abfahrt des zuges
im blick den
werbebildschirm
auf dem bahnsteig

fort schweigt
sich welt
aus den bildern

Donnerstag, 23. Februar 2006

besuch

graculus

weiß es ...

weiß es
zu schauen
im aug
dir

[Wo das Meer stillsteht 4,22]

Was zu ende ging

dieses gedicht, das den tiger stört – muß enden auf
einem tisch, der dem ellbogen entflieht
der sturm der worte war stets ein lebewohl

erde – bewegt sich immer unter einem beweglichen roten streifen
eines jeden tages weißer baumstamm verliert die fleischigen blätter
mit den knien spürst du den tiger
der durch dich hindurchgeht – und die sterne in den bauch der dunkelheit schlingt

ein schädel, der nicht schweben kann – bringt vögel zur geltung
ein am seegrund ertrunkenes kind – bereichert den in mondlicht getauchten hintergrund
erneuert wird lediglich der schlaf
schlaf unterwegs – winzige purpurorgane träumen von eichhörnchen
schlaf außerhalb des körpers – läßt den körper immer wieder an seiner stelle
lerne, ein boshafterer gott zu sein
marschiere weiter ohne tod – kein ende ist das letzte ende

o, tiger sammelnder stein
glaubst, du bewegtest dich wirklich
aber ist es nicht geblendete lähmung bei
jedem schritt, den du zu erdichten gezwungen?

[Wo das Meer stillsteht 4,21] <<>> [Wo das Meer stillsteht 4,23]
Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

Mittwoch, 22. Februar 2006

morgen, und morgen ...

mac023

Morgen, und morgen, und dann wieder morgen,
Kriecht so mit kleinem Schritt von Tag zu Tag ...


Macbeth, V,5

hin und her pendelt ...

hin und her pendelt
das schwarze
des knopfes
der schnur
des fliegengitters
des fensters
des zimmers
des

Dienstag, 21. Februar 2006

wasserspiegelscherben ...

wasserspiegelscherben
nach der regennacht

im traume hörte
ich es donnern

die geschwollenen adern
der erde

aber auch - am fenster -
badezimmerspiegelersatz

Salustius, Über die Götter und die Welt – 9,6

9,6 Wie stellen sie es an, Chronos und Ares wieder gütig werden zu lassen, nachdem sie sie für boshaft erklärt haben, und ihnen Philosophie und Großartigkeit zuzuschreiben, Befehlsgewalt über Heerscharen und Wiederfinden von Schätzen? Wenn sie als Ursache Quadraturen und Trigone anführen, dann erscheint es widersinnig, daß die Götter sich mit ihrer Position verändern, während die menschliche Tugend sich überall gleich bleibt. Außerdem lehrt die Vorhersage der guten und bösen Abkunft, daß die Sterne nicht alles festlegen, sondern daß sie sich – in gewissen Fällen – auf eine Anspielung beschränken. In der Tat, wie könnten von der Geburt je die Ereignisse abhängen, die ihr vorausgehen?

[Salustius 9,5] <<>> [Salustius 9,7]
Einleitendes

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