Mittwoch, 13. April 2005

...

O, DEINE HÄNDE

Sind meine Kinder.
Alle meine Spielsachen
Liegen in ihren Gruben,

Immer spiel ich Soldaten
Mit deinen Fingern, kleine Reiter,
Bis sie umfallen.

Wie ich sie liebe
Deine Bubenhände, die zwei.

 

Else Lasker-Schüler about Gottfried Benn

O LE TUE MANI

Sono i miei figli.
Tutti i miei giocattoli
Stanno nelle loro tane

Gioco sempre ai soldati
Con le tue dita, piccoli cavalieri
Finché non cascano

O quanto le amo
Le tue mani di fanciullo, 'ste due

 

Traduzione per Tiziana

Dienstag, 12. April 2005

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Franz Gutbier (2)

gläserklirren, mir selbst fiel ungeschickterweise die kippe auf den fußboden, so daß ich kurz vom hocker rutschen mußte, um die glut zwischen schuhsohle und fliesen zu zerreiben. er selbst nickte kurz dem wirt zu und ließ dazu ein meckerndes „ja-a-a“ hören, als wolle er damit ein bonmot des kneipiers quittieren, das mir beim abwärtsrutschen entgangen war. zudem hatten meine ohren einen moment lang abgeschaltet, wie es mir oft geschieht in gesellschaft. wahrscheinlich eine physiologische notwendigkeit, ein schwimmen im allgemeinen rauschen ringsum, in dem alle stimmen sich gegenseitig er- und aufheben, von denen ich gern alles wahrnehmen würde, was aber nicht geht. mich vor dieser unbehagen provozierenden unmöglichkeit zu schützen, schalte ich ab.
„tja, also Leinestraße“, hub er wieder an, zu allem überfluß habe er damals stets nach dahlem fahren müssen, „studienhalber“. das ewige rumstehen und –sitzen in der u-bahn habe ihn ziemlich genervt. um sich die zeit zu vertreiben, habe er stets alle beschriftungen zuerst vorwärts und dann rückwärts gelesen. aber mit der zeit habe er pfiffig werden müssen, denn die angenehmen augenblicke seien doch zu rar gewesen. er habe versucht, bücher und zeitungen zu lesen, halt woanders zu sein mit seinen gedanken, statt situationen nachzuempfinden und -zuleiden, wie sie in den kontaktanzeigen eines bekannten stadtmagazins (er nannte hier den namen) den grundton einer kontaktarmen, aber auch „hasch-mich-ich-bin-der-frühling-ängstlichen“ einsamkeit angeschlagen hätten. als habe ein jeder sein „hortus-conclusus-herzchen“ gegen eindringlinge zu verteidigen.
diesmal war ich an der reihe, dem wirt zeige- und mittelfinger hinzuhalten.

Montag, 11. April 2005

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blackisblack is black is black
dies die botschaft der sterne
der mond grinst sich eins

[dank an hartmut abendschein ("hab") für den button]

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sein name sei Franz Gutbier, ob es mir gut gehe. was ich mit einem kurzen rucken des kopfes halbwegs affirmativ begrunzte. ich solle nur immer gut zuhören, meinte er und blickte unter angewinkelten brauen fragend auf mein fragendes dito. er wischte die situation mit einem "zwei bier" vom tresen.
ich müsse nämlich wissen, er habe damals im kalten krieg in Neukölln gewohnt, jenseits vom u-bahnhof Leinestraße. die wisse er heute noch, die straßennamen bis zu seiner hinterhofwohnung: thomas, jonas, schierker, nogat...
zwei bier erschienen indes vor uns mit fachgerechter blume. seine hand präsentierte diesen umstand wortlos, indem sie daumen und zeigefinger der blumenhöhe entsprechend auf distanz hielt. dieweil stürzte ich den rest des vorigen biers hinunter und ließ das neue glas zwischen meinen fingern zwei runden drehen, wischte dann die feuchte hand am rechten hosenbein trocken.
nun, damals in Neukölln zu wohnen, sei nicht unbedingt das gelbe vom ei gewesen. Kreuzberg sei da schon eher "in" gewesen. von heute wolle er lieber schweigen.
ich hob das glas zu einem ersten schluck, die augen prosteten ihm zu. die linke fingerte die zigarettenschachtel aus der jackentasche. mit einem "was soll's" puhlte er sich eine heraus. und zigaretten-ansteck-ritual mit vorgehaltener hand, als gäbe man jemandem feuer zu trinken.
nun müsse man wissen - blies er seinen rauch in vorerst ungewisse über dem tresen -, daß rechts und links des u-bahnhofs leinestraße etliche friedhöfe gelegen seien, die fleißig von rentnern und sonstigen hinterbliebenen besucht würden, meistens aber von rentnern, die zudem auch noch gelbe armbinden trügen mit schwarzen punkten darauf. mehr memento mori hätte man einem jungen spund wie ihm auch nicht einflößen können.
er habe wohl nie eine mit skeletten dekorierte barockkirche gesehen, versuchte ich zu relativieren.
"barock?" er zog sich den restlichen tabak in die lungen, und als er die zigarette ausdrückte, war das papier auf einen millimeter breite geschrumpft.
er sei nie über die main-linie hinausgekommen, das interessiere ihn auch gar nicht. "und überhaupt, je süden desto crux." es reiche doch, wenn er seine eigenen knochen durch die straßen schleppen müsse. sicher, sein großvater habe immer geklagt "min krüze, min krüze", aber das habe ja wohl mit "kristimotten" nichts zu tun.

so weit so gut (hoff' ich in meiner notorischen erzählscheu)

...

kein fortgehen seit tagen
nur das auf und ab
rauchend unterm vordach
während unermüdlich
der regen seine kreise
auf die pfützen zeichnet
immerfort dieses rauschen
nur das zwitschern
das aufhorchen läßt

kein aus dem wege gehen
seit tagen - es regnet
und wandere durchs haus
öffne die läden am morgen
abends dann schließe ich sie

morgen erst kann ich
dir wieder ausweichen
oder entgegenkommen
je nach der kälte
die sich eingeschlichen
in diesen sonnenlosen tagen

Sonntag, 10. April 2005

...

Gabriele D’ANNUNZIO

Regen im Pinienhain

Schweig. Auf den Schwellen
des Waldes nicht hör’ ich
Worte, die menschlich
du nennst; doch hör’ ich
Worte, neuartig neu,
sprechen Tropfen, reden Blätter,
die ferne.
Horch. Es regnet
aus den streunenden Wolken.
Es regnet auf die Tamarisken,
die salzig und ausgedörrt,
regnet auf die Pinien,
die schuppig und borstig,
regnet auf die Myrthen,
die göttlich,
auf den Ginster, der leuchtet
in Blütentrauben,
auf den Wacholder, seine dichten
duftenden Beeren,
regnet auf unsere Wald-
gesichter,
regnet auf unsere nackten
Handflächen
auf unsere leichte
Bekleidung,
auf die frischen Gedanken,
die uns öffnet die Seele,
so neu jetzt,
auf das schöne Märchen,
das gestern
dich trügte, das heute mich trügt,
o Hermione.
    Hörst du? Der Regen fällt
auf das verlassene
Grün ringsum,
und sein Prasseln, es dauert
und wandelt in der Luft
je nach dem, ob das Laub
mehr oder weniger licht.
Horch. Es antwortet
dem Weinen das Singen
der Zikaden,
denen vor südlichen Tränen
nicht bange,
noch vor aschgrauem Himmel.
Und die Pinie
klingt so, und die Myrthe
klingt anders, und der Wacholder
noch anders, vielerlei Tasten
und Saiten
unter zahllosen Fingern.
Und eingetaucht
sind wir in den Geist
des Waldes,
Baumleben lebend;
und dein trunk’nes Gesicht
so regenweich
wie ein Blatt,
und deine Haare
duften gleich
hellichtem Ginster,
o irdische Kreatur,
deren Name da ist
Hermione.
    Hör doch, o horch. Der Akkord
der luft’gen Zikaden
wie er nach und nach
stumpfer wird
unter dem Weinen,
das anschwillt;
doch ein Singen mischt sich darein
heiser nun
steigt’s auf von dort unten
aus fernen feuchten Schatten.
Wird stumpfer und schwächer,
läßt nach und verstummt.
Allein noch zittert
eine Note, verstummt,
lebt auf und zittert, verstummt.
Kein Laut zu hören vom Meer.
Auf allen Blättern hört man jetzt
rauschen den
silbernen Regen,
der läutert,
das Rauschen sich wandelnd
je nach dem Laub
das mehr oder weniger licht.
So horch doch.
Die Tochter der Luft
ist stumm; doch die Tochter
des fernen Schlicks,
die Kröte,
singt im tiefsten Schatten,
wer weiß wo, wer weiß wo!
Und es regnet auf deine Wimpern,
Hermione.
    Es regnet auf deine schwarzen Wimpern,
so daß es scheint, du weintest,
doch vor Lust; nicht weiß,
sondern fast schon grünend
scheinst aus der Rinde du hervorzukommen.
Und das ganze Leben in uns
frisch duftend,
das Herz im Busen eine unversehrte
Pfirsichfrucht,
zwischen den Lidern die Augen
wie Quellen im Gras,
die Zähne in ihrer Höhle
wie bittere Mandeln.
Und wir gehen von Gebüsch zu Gebüsch,
jetzt verbunden, jetzt entbunden
(und die rohe grüne Kraft
schnürt uns die Knöchel zusammen,
verwirrt uns die Knie),
wer weiß wohin, wer weiß wohin!
Und es regnet auf unsere Wald-
gesichter,
regnet auf unsere nackten
Handflächen
auf unsere leichte
Bekleidung,
auf die frischen Gedanken,
die uns öffnet die Seele,
so neu jetzt,
auf das schöne Märchen,
das gestern
dich trügte, das heute mich trügt,
o Hermione.

[dt. von mir, das Original läßt sich u.a. hier nachlesen]

Freitag, 8. April 2005

...

requiem [brahms] über dem abend
die träne rollt [der mensch sei wie gras
[tautränen rollen vom grase herab]]
doch nicht aus den augen [verloren?
[die augen? die tränen? die abgrund-
tiefe trauer? [oder nur rührseligkeit?
[wie bei manchen kitschfilmen?]]]
nennen wir's "braintears"
bodenlos und grundlos
wie sie sind

["hirni" apostrophierten mich einst substanzlose stiefschwestern]

Donnerstag, 7. April 2005

...

fast bin ich versucht : tagebuchähnliches : zu schreiben : aber das führt : für mich : zu keinem "brauchbaren" text : nur gedankensplitter : zwar formuliert : aber verworfen : wie das bild von den verwelkenden blumen : hinter den verschlossenen lippen : die ich ihr dann nicht zu füßen : auf den weg streue : das in verbindung : mit einer wortspielerei : aus lustich : verlustich : ichverlust : was vielleicht im ersten moment witzig klingt : aber dann keine wirklich nutzanwendung bedeutet : weil bildlos : und somit nicht verwurzelt : in einem anderen : aus dem es sich nähren könnte : immerhin habe ich mit den neffen fußball gespielt und gras gemäht... menschliches allzu menschliches

Mittwoch, 6. April 2005

...

statt augen : wachsen mir ohren : es summt im einerlei : eine litanei : die lähmende schwelle : wird zur unendlichen : wiederholung ihrer selbst : mit ein paar schienen darauf : (die auch noch parallel : einer scheinbaren unendlichkeit : mit versprochener : aber nicht nachprüfbarer null : entgegenlaufen) auf denen kein zug angedonnert kommt : sondern das wort "ziehen" : unzügig aber alles wollen : tu l'a voulu, George Dandin, tu l'a voulu? : zügig hingegen alles sollen : (geht's so allen gescheiterten königsmördern?)

Dienstag, 5. April 2005

...

aus der türschwelle wachsen
riesig mir augen entgegen

zieht mich hinab!
ich würd’ gern selber schau’n...

(familie der Tineidae?)

Montag, 4. April 2005

...

dies ist ein glas wasser
auf dem als ölfilm farbig
schillernd dunkles schwimmt

zwar - das klare sieht man
doch die lippe schreckt zurück

Samstag, 2. April 2005

...

auch ein übersetzungsproblem:

es heißt heiß : is called cold

(but some like it hot)

Freitag, 1. April 2005

...

im countdown
die atemzüge zählen
ganz sicher kommt die null
zu spät oder zu früh

...

aus den blättern gefallen:

KEEPER Why looks your Grace so heavily today?
CLARENCE O, I have pass'd a miserable night
So full of fearful dreams, of ugly sights


SHAKESPEARE, The Tragedy of King Richard the Third

... wiewohl der schrecken aus schmeichelbildern schleichend sein blinkend nest mir gaukelte...

...

in allen seelenzweigen
die lockrufe der vögel
ziehen dich an den ohren
in alle verästelungen
lassen dich immer wieder neu
an ständig wechselnden
klanghaken baumeln

bis plötzlich ein windstoß
die trockenen blätter
der eiche entreißt und
ein raschelnder schwarm
welker gedanken zur erde
und vor die füße dir segelt

denn noch weiß die knospe
nur von künftigem grün

Donnerstag, 31. März 2005

...

[Wo das Meer stillsteht 2,2]

Mondfinsternis

ein rinnsal süßen blutes tröpfelt in deinen mund
giftiges blut das gerne du trinkst
schlammige zitzen      blaues marmeladentröpfeln

die zarteste der hände tränkte das papier
deines fleisches      mit wasser
diesem unreinen tod den du gerne trinkst

dieses klatschen      das jahrelang schleichendes fütterte
augenblick der auf dich wartet dich zu beschmutzen
wacht über deinen spott

zwei stunden      mädchen sitzen im gras
und streicheln einander liebevoll      nehmen sich freiheiten
lernen unreine gedichte auswendig

in röcken      öffnen schlösser die schlüssel des schattens
licht von skeletten geben sterbenskranke strahlen von sich
so wie der ganze himmel schluchzer widerhallt

nacht die du gerne trinkst      trinkt dich
eine im stich gelassene frau trinkt ihre milch aus
dunkelheit      springt in den dunklen pfuhl

zu zeugen vom schoß      dies weißliche glas
wird schmutziger mit jedem waschen
zwei stunden später      geht’s weiter mit der lebenslüge

[Wo das Meer stillsteht 2,1] <<>> [Wo das Meer stillsteht 2,3]

...

dub73
glassplitter auf mauern sah ich zum ersten mal bewußt in split : rund ums hajduk-stadion : drohendes splitzendes glas : und kein darüberklettern möglich : und ich dachte an die reise : und fischte Vespers "reise" aus dem regal : und dachte : diese zeichnung da mit dem erigierten penis : die könnte ich eigentlich einscannen : aber da war nur das auf der reise : der erigierende penis : eingesperrt in der hose : und diese reise : die dacht' ich : die sollte ich : odyssieren : wie ich da stets schlief : an straßen- an meeresrändern : nur einmal im hotel : in sarajevo : da trank ich eines abends zuviel : ("are you virgin?") : und da war dann mein bett naß am morgen : unheilvollste inkontinenz : aber am steinstrand von dubrovnik : im schlafsack nebenan : da fickte es in einer tour : und das geld ging aus : nur noch honigmelonen gegessen : in zadar : da hänselten sie mich : machten die geste des heroinspritzens : und auf der autobahn schließlich : nach der nacht im wald : bei der raststätte nürnberg feucht : bläserchöre bekifft über die wellen der landschaft : und schließlich eingenickt : ich glaube nicht : seitdem je wieder aufgewacht zu sein : und wieder der 19jährige : ich : a motherless child : immer noch : und doch erst eins zwei wochen : damals : als ich die reise : begann

...

Wenn es zum Beispiel passierte, daß Abschaffel die Küche seiner Wohnung betrat, und im gleichen Augenblick begann das Aggregat des Kühlschranks zu summen, dann suchte Abschaffel, weil er glaubte, auch das Summen des Aggregats auf sich beziehen zu müssen, nach der Bedeutung dieses Geräuschs für sein Leben.

Wilhelm GENAZINO, Abschaffel

...

aus jedem blick sprießt
eine scherbenblume
die dich enthauptet

(und dann versuchen, sich wieder zu behaupten...)

Mittwoch, 30. März 2005

...

sie tanzte auf dem schützenfest
mit einem andern
glas klirrt in der nacht
füllt mein bett mit scherben
mit blanker faust
die fensterscheiben zerschlagen
seine trunkene eifersucht
hoch gebunden sein arm
tief und rot die blutigen wunden

lange noch ersetzte pappe
weil sie mit einem andern getanzt
die fensterscheiben aus glas
lang noch die drei breiten
narben auf seinem arm

immer noch die narben
erinnerungswund

...

[Wo das Meer stillsteht 2,1]

2. HAUS ALS SCHATTEN

Die behauptung der krähe


jeder morgen stirbt einmal mehr in der sprache der krähen
krähen benutzen dunkelheit      um licht zu entfalten
grüne gräber      zertreten zertrampelt
tiefe wälder zeigen konturen
das fleisch der toten wird fett in den fichten
doch dünne durchsichtige ohren      hängen bei nacht von allen zweigen
schweigen nach dem tod      läßt dich hochfahren aus dem schlaf

tote      hören erst jetzt im häßlichen hirn
wie denken den sturm erntet
hirn das unweigerlich in schlafzimmer lugt und lacht
arrogant wie ein kahlgeschorerer gefängniswärter
krähe      eingehüllt in geborgter nachtlivree
nackter noch

gold auf den buchstaben des sommers
kleine unreife hände gehen langsam übers gras
reißen nach und nach die fingernägel aus
deine lehrbücher in träumen gedruckt
unterwiesen im schlaf      schwimmen
in gefiederter haut      hören den fluß
eine höhle graben in den körper heller als licht

aufgeschreckt erneut in ein lautes krächzen      dessen was nicht gehört werden kann

[Wo das Meer stillsteht 1,7] <<>> [Wo das Meer stillsteht 2,2]

...

nicht unwandelbar in der stille
hängt an der wand das bild
ganz losgelöst davon sein wille
bleibt ewig ungestillt

nicht schüttelt uns flocken frau holle
schlossen sind’s weil sie schmollt
blütenzehrende unheilvolle
saat im donner der grollt

nicht frommt mir der inhalt der pulle
auch wenn mit viel geduld
täglich sie in leisem gelulle
mir abschwätzt alle schuld

nicht aber lüget das gelalle
sei’s auch nur reimverknallt
niemand ahnt die bedeutungsfalle
die uns daraus umschallt

einst zuweilen wußt’ ich die stelle
wo mir endet die welt
jetzt greift mich zuweilen die welle
und ist kein halt, der hält

Dienstag, 29. März 2005

...

vor der schwarzen gewitterwand : leuchtet aus sich selbst heraus : in seinem neuen gelben anstrich : der noch unbewohnte neubau : oben am hügelrand : einsamer nie : und mir fiel das wort ein : gewittereinsamkeit : das leuchten der sinne : einsam auch verläuft sich der donner : und sein zorn : wie jeder zorn : solange er nicht in haß umschlägt

...

[Wo das Meer stillsteht 1,7]

Dunkelheiten
4


aber die dunkelheit hat nichts gesagt      zwischen dunklem und dunklem
nur dieser frühling

die knochen des papierdrachens hängen in den baumwipfeln
die borke glänzt      liebende gehen küssend unter dem baum vorbei
pollen in den lungen schlagen den gong des letzten jahres
ein lebhaft roter clown      macht stets die kinder wild

grüner und grüner die zähne die kleine hände kauen
rasen aus alten zeitungen      reicht eine flammenschere herüber
so sieht der April      den fluß fließen als trugbild
die vergessenen farben der strömung      sehen uns als trugbilder
ist der ruf der taube einmal schwarzgebrannt      sind alle sterne
zerbrochenes spielzeug – hineingestopft in eine pechschwarze schleuse

in der dunkelheit gibt es immer einen körper der zurückdriftet an den ort des nicht-träumens
selbst wir haben angst      haben angst nur vor unserem eigenen entsetzen
die dunkelheit sagt nichts      jeder fußgänger auf der straße
beginnt mit sich selbst zu murmeln
dunkelheit      lauscht der orangeroten dunkelheit des lippenstifts

eine frühlingsschule läßt uns immer dumm werden
erinnerung      die darin lebt ist ein geist
wird ein spiegel zum gesicht gehoben      verdaut der ozean einen toten fisch
um erbrochen zu werden ist´s noch ein endloses geschwätz

zu viele der dunkelheiten      daß das leben sie je einmal erreichte
der frühling geht fort von uns      nur dann      schweigt endlich der frühling

[Wo das Meer stillsteht 1,6] <<>> [Wo das Meer stillsteht 2,1]

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