Mittwoch, 27. April 2005

...

übereinkunft mit den flaschen

1. was leer ist, ist leer
2. was voll ist, bleibt voll
3. was voll bleibt, stört
4. was leer ist, stört
5. was stört, muß beseitigt werden
6. der gedanke an volle und leere flaschen stört
7. der gedanke muß beseitigt werden
8. die flaschen müssen beseitigt werden
9. der gedanke an die beseitigung der flaschen stört
10. der gedanke muß beseitigt werden
11. keine flaschen stören
12. es müssen flaschen besorgt werden
13. der gedanke an das besorgen von flaschen stört
14. der gedanke muß beseitigt werden
15. flaschen besorgen stört
16. flaschen müssen entsorgt werden
17. keine flaschen zum entsorgen da
18. also flaschen besorgen
19. zum supermarkt fahren stört
20. den supermarkt betreten und freundlich grüßen stört
21. die kassiererin umbringen und den supermarkt einäschern
22. einen anderen supermarkt aufsuchen
23. flaschen besorgen
24. eine flasche aufmachen
25. der gedanke ist beseitigt

Dienstag, 26. April 2005

...

leben im über
brandet im gegen
türmt düne aus düne
in wellendem wehen
dünnt düne um düne
häuserkrümel
einst-krümel
mein vogelschnabel

ültje kürne

Montag, 25. April 2005

...

[Wo das Meer stillsteht 2,5]

Nachbarn I

ein köstlicher tod kocht nebenan in deinem topf
in des nachbars kamin
ein kiefernscheit brennt in aller ruhe hundert jahre

immer schwermütig der sommer      wie mauern, die efeu stützen
noch führt die straße durch feuer an winters ende

aus dem feuer heraus sieht man      fenster
trübe nächte sauberwaschen, eine nach der andern
außerhalb des fensters die ausgeschnittenen eisenschatten der kiefern
korrigieren eure skelette

eine grüne sonne platzt in steine, ohne anzuklopfen
die tückische szenerie, wenn ein wort in zwei gedichte platzt
bestätigt      des dichters verrenkten mund
du siehst aus wie zusammengegrillte fische

[Wo das Meer stillsteht 2,4] <<>> [Wo das Meer stillsteht 2,6]

...

was aber sagt die innere stimme?
die innere stimme sieht außen
dinge und wesen
die innere stimme benennt
dinge und wesen
die innere stimme verknüpft
die namen der dinge und wesen
die innere stimme spricht aus
den namen der inneren stimme
den sie zuvor geknüpft
aus den namen
der dinge und wesen
die innere stimme besitzt
einen fließenden namen

Sonntag, 24. April 2005

...

frühlingsvergessen:
aufwärtsstreben
nach dem weißt-du-noch
langer abende
kurzer tage
kalt waren sie beide
nur die nächte...
nur die nächte...

wachsendes gras

Samstag, 23. April 2005

...

jeden tag tausend tode sterben
der nächste wird sein
wenn das telefon klingelt
und sie sich von ihrem selbstmord
im lago maggiore zurückmeldet

vielleicht könnte ich bis dahin
noch ein paar zwischentode sterben
indem ich mich selbst anrufe
und mich zurückmelde
von meinem selbstmord
im wörtersee

Freitag, 22. April 2005

...

[Wo das Meer stillsteht 2,4]

Arche

immer sankst du in gewässern, die längt vorübergeflossen
so wie das unwandelbare schweigen des waldes
die axt geschärft hat
schwarz gewordene zehen von baumstümpfen gehen überall herum
das geräusch fallender kiefernzapfen      erklärt den sommer
kiefernnadeln bedecken einen feuerroten pfad
gehirn      nur gehirn hinterläßt einschiffungsnarben

ist ein im feuer sich spaltender felsen
ist ein auge, das auf einen großbrand schaut      frierend das ganze jahr
vom gedächtnis wiederbelebter weißer schnee
ist die schneide der axt, zwischen den zeilen gen himmel geschwungen
grün vergeudend      baum, grausam wie ein anderer baum
handhabt den schlaf      eine flut von spechten

wirft gnadenlos schnarchen aus dem augenblick
wirft es in      die ins fleisch verpflanzte pest
grüne gräser, die die vergangenheit ausrufen      entblößen untertage-zähne
schreien      arglistig überhört von hölzernen ohren

des verrückten einziger fehler in der totenstille der zelle
ist es, immer zu wachen      erst gestern weckte er
einen zweig der vergangenheit      auslotend des seegrunds fahle phosphoreszenz
und benutzt vögel, um die gedichte zu rezitieren, die in euren mündern schimmeln

[Wo das Meer stillsteht 2,3] <<>> [Wo das Meer stillsteht 2,5]

Donnerstag, 21. April 2005

...

atmen








das meer einatmen
welle sein









nothing’s going to harm you now

Mittwoch, 20. April 2005

...

steine der erinnerung
bluten aus der stirn
als erinnerung an die
wunden der erinnerung
liegen die steine blutig
neben dir auf dem bild
an der wand das vorgibt
daß blut rot sei
der stein weiß
der himmel blau
die wolken weiß

nur ein grünes blatt
weiß davon nichts
es beschreibt den regen
der draußen in die
dunkelheit fällt

...

worin ich mich wiedererkenne:

Niemand müsse, der Welt erkennen wolle, sein Dorf verlassen, schrieb Lao-tse. Es kann sein, daß dieser Satz nicht stimmt, aber auch, daß er wahr ist. Dann verläßt sein Dorf, wer sich selbst sucht. [...] Wer das adäquat beschreiben möchte, kann nicht länger Konstante seines eigenen Kultursystems sein, sondern wird herausfallen müssen, nicht nur aus diesem, sondern darf und kann auch nicht ins je andere hinein. Distanzierung sucht sich nicht mehr, sie geschieht dem Dichter, wenn er das ist, von selbst, und seinem Stil obliegt etwas Neues: Er macht sich vertraut, ohne doch erobern zu können, also sich dem Fremden aufzudrängen. [...]

Alban Nikolai HERBST: Flanierend Reisen: Das andere Selbst. Kleine Poetik des Reisens (Links: http://www.die-dschungel.de/ANH/txt/pdf/flanierend_reisen.pdf)

Dorthin kam ich blätternd (dies für ANH), weil ich die Einführung zu "Guantanamo" lesen wollte, aber da erscheint leider nichts!)

P.S. und überhaupt halte ich Alban Nikolai HERBSTs theoretische Schriften und literaturhistorische Streifzüge für sehr bedeutsam, denen vielleicht nur noch Arno SCHMIDTs gleichartige arbeiten gleichkommen! das meine ich wirklich so!

Dienstag, 19. April 2005

...

alle vogelstimmen
sind gefängniswärter
denn sie lassen
dich nicht frei

Montag, 18. April 2005

...

auf der steintreppe
in seiner lederhaut
ein toter regenwurm
an der ameisenstraße

Sonntag, 17. April 2005

...

aus dem licht
heraustretend
treppauf
stufende schatten

meiner dunkel-
heit folgen

Samstag, 16. April 2005

...

[Wo das Meer stillsteht 2,3]

Haus als schatten

das ist dein haus      ein haus als schatten
ein gebäude auf einem rasen weitet das zwielicht
vogelsang herabgeschossen vom himmel      zarte laubzungen
diskutieren abermals den erschöpften sturm
erschöpft auch die schatten      blinde in reih und glied
fallen verblüfft über den steilhang

das ist dein haus      haus ohne dich
du wirst geschuldet wie des alptraums schulden
eine maus springt zu boden, erkrankt und gleitet
maus als schatten
schwärzer und schwärzer das gesicht
mund rosenrot      beißt auf die pforte der elegie
beim sterben des tages begibst du dich in eine modernde kerze

wie vier wände, die tonlos leben nachahmen
schlängelt licht      sich unter die erde, rittlings auf zerbrechlichstem stein
schlängelt sich in dich      ein eigentümer als schatten
öffnet hitzig den balkon der nacht      beschaut die kulisse
noch eine wildkatze auf der jagd nach ihrer angst
noch ein schädel      findet sein ende, angenagelt an die sterne
ein unkraut-ähnliches silberweiß
gelähmte dunkeltürme steil aufrecht wie ein prägestempel
löschen das ein jahr alte du, das eines tages alt werden wird
wie schreckliches mondlicht      dies leere land löschen wird

[Wo das Meer stillsteht 2,2] <<>> [Wo das Meer stillsteht 2,4]

...

sing a song!
schrieb ich
in der vergangenheit
der ersten zeile
die vergangen ist
wie die zweite zeile
in der vergangenheit
der vergangenheit
die vergangen vergangen
die nicht
ist
aber
wa(h)r

Freitag, 15. April 2005

...

hitlerganz
hitler mit traurigen kinderaugen. mitleid heischend. ein mensch auch er... wie du und ich...

wer kann so etwas glauben? scheint ein film über bruno ganz zu sein, der bruno ganz spielt, wie üblich... so bieder das bild (ich hab's ausgeschnitten aus dem "corriere della sera" von gestern: links eine zärtlich überrascht lächelnde eva braun, rechts ein skeptisch-gutmütig blickender albert speer (im hintergrund ein stillleben im stil 50er jahre (das hakenkreuz an speers arm wirkt sehr faschingsmäßig))). da ich nun dieses foto gesehen habe (einige vielleicht unbewußt schon vorher), steht fest: diesen film werde ich mir NICHT ansehen. wie alle anderen vor allem deutschen filme, die sich VERSÖHNEN wollen mit der NAZI-VERGANGENHEIT! da gibt es nichts versöhnliches! nichts menschliches, und seien es die vertrautesten und bravsten schauspielergesichter. da ist nichts heim-liches, nur un-heimliches! der einzige deutsche film, der dieses grauen vielleicht adäquat darzustellen verstand (soweit ich es selbst sehen konnte, und das in der schule meinerzeit), war "Die Brücke"...
den deutschen muß das selbstmitleid (die "betroffenheit", wie's neudeutsch wohl oft heißt) ausgetrieben werden!

...

was fehlte:
die geste des entkorkens
- der mund war zu gierig

diese haiku-geschichte beeinflußt mich uuungemein, dauernd kommen dreizeiler aus meiner tastatur. das da oben hat aber nur 16 silben, ich bitte um nachsicht.

Donnerstag, 14. April 2005

...

alle türen
führen in die leere
die in dir ist



kein haiku, also nicht b=b=b

synopsis-p.s.
und jede flucht
in die irre
die ich bin.


mein p.p.s.
und wenn's
der himmel wär'
der leersteht
weil er nicht
in dir ist?

...

telefonieren:
plötzlich explodiert
eine stimme am
anderen ende
der leitung

körperlos
verwandle ich mich
in fragen, bitten
antworten, hm's
und ah's

[kommunikation der augentiere, der fingertiere, der stimmbandtiere, der ohrentiere]

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