Dienstag, 19. September 2006

Zu Werner Söllner "Zweite Natur"

Zweite Natur

Staunend
über die Ausdauer, mit der das Lebendige
lebt, über die Phantasie
der Triebe, schau ich zu, wie der Garten
langsam verwildert.

Ich weiß, ohne irgendein Recht, da
zu sein, bin ich hier. Fristlos kündbar
sitz ich am Zaun, arglos fertig
gemacht unter einem fremden Stern, herbeizitiert
in die Haut, diese einmalige Geschichte,
und bereite mich vor, während
der fleißige Nachbar das Gras
von der Klinge wischt, damit sie
nicht rostet.

Im gemieteten Paradies nenn ich
nichts Nennenswertes mein eigen, nur
eine machtlose Art Liebe, die fremd gehen wird
mit dem Tod, nur die paar gepackten
Buchstaben, auf denen ich sitze, nur
die Erinnerung, das fleißige Lieschen
meiner Irrtümer, stetig wachsende
Zweifel, meine zweite Natur.

Sicher, auch traurig geworden
auf natürliche Weise, als ich erwachte
und den Schlüssel blutrot im Gras
sah, ohne mich bücken zu können. Wenn
ich wüßte, wer das getan hat, ich würde
hingehn. Aber so bleibe ich, ungefragt
staunend, am Zaun, so beuge ich mich
vorläufig über ein Blatt, verliebt
in etwas, ohne Hoffnung
auf mehr.

Werner Söllner

dritte natur

staunend
über die wiederholbarkeit
der worte oder
was wächst, das wächst
wildes, widerndes denken

mich zu kündigen
braucht es keiner frist
als derjenigen der
angstquartale
vor denen der nachbar
den es nicht gibt,
scheut und drum nicht rostet.
zäune ums gras
damit es nicht fliehen kann.

mein eigen, ein ent-
eignetes eigen
von der liebe enteignet
die - auf bankkonten'
transferiert -
keine zinsen mehr brachte
es sei denn:
sollzinsen

und wie ich einst
die schlüssel hinwarf
im zorn
über irgendeinen zaun
und an einen kanal dachte
mir den atem zu benehmen -
zaun, ja
ihn allmorgendlich markierend
wie ein hund
als wäre noch hoffnung da.

moi même

Montag, 18. September 2006

gespräche

gespräche mit dem zimmer
gespräche mit dem fenster
gespräche mit dem bildschirm

ein raum
und zwei flächen
das wort : der blick
wie fremd dann
eines ertrunkenen bein
das dem dichter
im aufgeschlagenen buch
den weg weist
als kompaßnadel
no meer no more no mar

gespräche mit dem schweigen
gespräche mit dem kaugummi
gespräche mit der flasche

eine stille
und zwei mundgeräusche
das wort : der laut
wie mannahatta
lackawanna
im aufgeschlagenen buch
laut malend
vorwärts segeln

gespräche mit dem du
gespräche mit dem nicht-du
gespräche mit der abwesenheit

deine schweigende
gegenwart
und zwei schweigende
abwesenheiten
deine un-heimliche stille
das wort : ein schweigen
Bau Wort dein Lerchennest
Im Moos meines Herzens

der dichter
im aufgeschlagenen buch
der dichter lügt


[kursiv: Yvan Goll in Paul Celans übersetzung]

Sonntag, 17. September 2006

lauscher ...

lauscher
am innenohr
die lücke
im laut
zu erspähen
fürs auge

fenstersprache
sprachfenster

Samstag, 16. September 2006

windgelüste ...

windgelüste
drängeln dich
in ihr flü-
ihr flügel-
flüster-sein

die augen
zittern an
blattes spitze
wie die asche
an der
zigarette

rauch quillt
aus dem mund
asche tropft

(ach, kein see!
buckow ist weit)

Freitag, 15. September 2006

auf dem ...

auf dem
fußboden
ist endlich
vor meinen
augen
der licht-
fleck weg!

(als haiku?)

vor meinen augen
endlich vom erdboden ver-
schwunden der lichtfleck

(pragmatisch?)

endlich
ist es
dunkel

Donnerstag, 14. September 2006

regenschleier ...

regenschleier
verschlieren
was dahinter
federvieh
als tag verkräht

noch ein herbst
und der sommer
so klein:
monsieur?

Mittwoch, 13. September 2006

sag nicht ...

sag nicht
es sei
dunkel
schon(:)e
mich jetzt

sag’s nicht

nur die
lichter
zünd an

aber
schweig vom
umlaut
überm
o

Dienstag, 12. September 2006

Gentile HELMUT SCHULZE ...

Gentile HELMUT SCHULZE,
il jackpot continua a crescere e si presenta alla prossima estrazione con 56 milioni di euro.
(mail)

all work and no play makes jack a dull boy (shining)

art if ...

art if
is(:)hell
all lost
in last
h(e)aven

ever
last
ing

Montag, 11. September 2006

be ...

be
schrei
be
schrei
be
nicht

aber
schrei
wenn
du
willst

a
bee

see?

Sonntag, 10. September 2006

dunkel fast ...

dunkel fast
und tag nicht
hienieden
nacht nicht

wes "gegen"
in der gegen?
dem jetzt?

wart' doch!
so warte...

Samstag, 9. September 2006

in die stille hinein ...

in die stille hinein
blüht hoffnungsglück
aus dem elektrischen
wohlfühl-verheißenden
herd : ventilator-lärm

weiche, wasser
aus den auberginen
die auf öl und knoblauch,
petersilie warten!

in die stille hinein
schweigt hoffnungsglück
aus tausend krähenkehlen

weiche, wasser
aus den poren krauser
stirnesfalten!

in die stille hinein
tupfen buntheit blumen

weiche, wasser
nie von ihren wurzeln!

Freitag, 8. September 2006

es knirscht ...

es knirscht
im ohr wo
raschelt es
unter sohlen
bei deinen
leis(t)en bleib
knirschend
dem ohre die
sohlen leih
bei seinen
leis(t)en bleibt
raschelnd
das laub
bleibt raschelnd
ein laut

Donnerstag, 7. September 2006

Salustius, Über die Götter und die Welt – 16,1

16,1 Es scheint nicht überflüssig, kurz einige Betrachtungen über die Frage der Opfer hinzuzufügen.

[Salustius 15,3] <<>> [Salustius 16,2]
Einleitendes

kleine schlange schlängelt ...

kleine schlange schlängelt
grünlich line of beauty
unentwegt und auf der flucht
ringelt sich
schnappt nach dem hund
und endet zerbissen
im noch nicht
das kein nicht mehr

Mittwoch, 6. September 2006

Zu Cummings "Beautiful ..."

Beautiful

is the
unmea
ning
of(sil

ently)fal

ling(e
ver
yw
here)s

Now

 

e.e. cummings

schön

ist das
nichts
sagen
de(schwei

gend)fal

lende(all
üb
er
all(sch

nein

 

(meine übersetzung)

schön - bella tu sei
ist das - è così
im nein - nel no
das fall- - e cado
ende - infine
überall - ovunque
nein die - i no
ich weiß - i lo so
und das - e adesso
jetzt und - e mo’
im hier - nel qui
noch ist - ne v’è
was ist - quel che è



(lyrik-lyrik)


leider kann nur ein thema angegeben werden, sonst hätte es auch in die übersetzungen gepaßt

Salustius, Über die Götter und die Welt – 15,3

15,3 In all dem finden die Götter jedoch keinen Nutzen (und was könnte einem Gott schon zum Nutzen gereichen?), wir aber finden die Verbindung mit ihnen.

[Salustius 15,2] <<>> [Salustius 16,1]
Einleitendes

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