Dienstag, 5. September 2006

Zu Jan Wagner "gaststuben in der provinz"

gaststuben in der provinz

hinter dem tresen gegenüber der tür
das eingerahmte foto der fußballmannschaft:
lächelnde helden, die sich die rostenden nägel
im rücken ihrer trikots nicht anmerken lassen


Jan WAGNER (gedicht bei lyrikline)

lächelnde helden auch dann
wenn die von rostenden nägeln
im rücken durchlöcherten trikots
von hinten durch die brust ins auge
den betrachter aufs korn nehmen
als gälte es ein tor zu schießen
wie einst vor dem aufstellen
zum foto und am tresen dann
ein bier bestellen und
einen korn

pRost dichter! sagen

und weg damit!


hiermit fängt eine neue rubrik an: "lyrik-lyrik", d.h. eine lyrische rezeption von gedichten.

Montag, 4. September 2006

wolken schemen so grau ...

wolken schemen so grau
wo spreizen beine sich?
im grau fließt träg’
der schenkel schlaf
(und wie viele „f“ dahinter?)
weich wie die steine
die fließen rauschlos
im rausch der weine

Das menschliche Auge
Ist nicht tränendicht


wie die wolken dich
regen nicht dicht nicht dich dicht nicht

und doch


(kursives aus „Murphy“ von Beckett)

nicht, daß es gestern wolkig waren, die wolken lieferte folgendes gedicht von Lutz Hesse, und mein text reagiert darauf:

melancholie

die wolken grau,
sie spreizen nicht die beine,
ein wind weht flau,
der weg kennt nur noch steine

ein fluss fließt träg,
in ihm nur tote augen,
das dach hängt schräg,
es will zu nichts mehr taugen.

still ist das land.
kein lied tönt aus den fernen,
und keine hand
reckt sich mehr zu den sternen...

zumundbar

DIE HAND : DIE FEIGE : UND BRIEFE
DIE GREIFT : DIE HAND : DIE BRIEFE
DIE HÄNDE : DIE FEIGEN : ES BAND UNS
DAS TRIEFEN : DIE HAND : BEGREIFEN
DIE HÄNDE : DIE GREIFEN : ES RIEFEN
DIE TIEFEN : DIE FEIGEN : ES TRIEFEN
DIE HAND : VERTIEFTE : DIE FEIGEN
DA RIEFE : SIE (RIEFE?) : ZU (MUND) ZU

Sonntag, 3. September 2006

ein schwärmen ...

ein schwärmen
windauf windab
flügel sind’s
und sind doch gelb
und zwirbeln irgendwie
so unvogelgleich
doch: vögel sind’s
und vögel sind’s nicht
blätter schon?
und blätter sind’s

nichts fällt
wenn’s dem wind
nicht gefällt

um die beine
da flattert die hose
und die beine
schweben-den
sinn-es
gefallen
am end’

Samstag, 2. September 2006

wenn die stimmen ...

wenn die stimmen
sich mischen
dann mischt
sich ich
in die stimmen
die wirren
und schaut
auf die menschheit
wohlwollend
und auf den bauch
der schwangeren
der ein extra-stuhl
gebracht wird
während der junge
am nebentisch
sein kleines schwert
eingräbt als wäre es
dem könig arthus
bestimmt

lotto

[und die bedienung macht diesen eindruck]

Freitag, 1. September 2006

fünf sind grad ...

fünf sind grad
vier ungrad
drei sind krumm
eins ist nichts
wenn zwei
nicht sind

Donnerstag, 31. August 2006

sich federn lassen ...

sich federn lassen
von den federn
die du gelassen
zu federn spitzen
die federn den ohren
den spitzen die hören
wo fiedern die
fiedeln die flügel
die jachen

federn lassen

Mittwoch, 30. August 2006

du weißt schon ...

du weißt schon
der blaue himmel
die abendschatten
sich breitend
über acker-ocker
die drachensaat
hingesät in die furchen
die schlafenden furchen
die in deinem kopf
aufgehende
ungebändigte saat

i semi che si celan...

du weißt schon

Dienstag, 29. August 2006

im osten ...

im osten
spiegelt rot
sich der westen

wolken
am abend
es mal
cras
formulierend

CELAN ist mitnichten CLEAN

CELAN ist mitnichten CLEAN

Montag, 28. August 2006

nach wie vor ...

nach wie vor
dies zirpen - und
das männchen
der gottes-
anbeterin
nur noch eine
leere hülle
leichenblaß
am jasmin
leergepumpt
vergattet
seins-enthoben

Sonntag, 27. August 2006

dreigeteilte feigen? ...

dreigeteilte feigen?
niemals!
dennoch steht
in der küche
ein teller voll
von solchen

Adonis - ein kleiner Übersetzungsversuch

1

Dich ruf’ ich an, durch die sich dreht und regt
Die gütigste und sanfteste der Sphären,
Amors heil’ge Mutter, Tochter des Zeus,
Schöne Göttin aus Amathunt und von Kytheren;
Dich, deren Stern, d’raus alle Anmut quillt,
Nacht auch und Tag als Botin sich ehren;
Dich, deren fruchtbar=, helle Lichterstrahlen
Die Welt erfreu’n, die Himmel heiter malen.

2

Du nur vermagst, daß man irdisch genießt
Heiterer Muße in friedlichem Stande.
Janus, bezähmt, schließt den Tempel für dich.
Den Zorn legt besänftigt Furor in Bande,
Maßen der Waffen und des Krieges Gott
Oft schmachtet als Geisel - dir nur zum Pfande;
In Frieden dann, mit den Waffen der Wonnen
Führt Krieg er und ins Bett die Kolonnen.

Aus "L'Adone" von Giambattista MARINO (bloß, das Ding hat über 1300 Seiten!).

Samstag, 26. August 2006

es hat alles seine bewandtnis ...

es hat alles seine bewandtnis
es bewendet sich
was sich nicht bewenden
lassen will und kann
und so bewend’ ich’s mir
sein bewenden hat es
allemal damit

rubrik: etymologische gedichte

Freitag, 25. August 2006

flirrendes gefieder ...

flirrendes gefieder
im letzten sonnenstrahl
flirrt zwischen baum
und kleewies' hin und her
im winde dann
vorm letzten strahl
hebt wind sich
und es schwirrt und rauscht
im laub doch endlich
auch ein tag, den du gelebt

Donnerstag, 24. August 2006

die frauen mäandern ...

die frauen mäandern
die frauen gehen hin und her
die frauen, die wissen
wer draußen ihre schritte
ihr mäandern, ihr hin und her
sich zirkelt und winkelt
die frauen, ein hinter den fenstern
dort, wo davor
im geiste sich spiegelt

ein A
sich dem O

[...] window;yes

women sturdily meander in my
mind [...]


Cummings

Mittwoch, 23. August 2006

Flucht

Felsen und Sand und kein Wasser
Sand, den seine Schritte besäen
ohne Zahl, bis hin zum Horizont:
Er floh, und Niemand, der ihn verfolgte.
Zermahlen, erloschen das Geröll
vom Wind zernagt das Gestein
gespalten vom wechselnden Frost
trocken der Wind und kein Wasser.
Kein Wasser für ihn
der nichts brauchte als Wasser
Wasser zum Auslöschen
Wasser, ein wilder Traum
unmögliches Wasser, um sich zu läutern.
Bleierne Sonne, strahlenlos
Himmel und Dünen - kein Wasser
Ironisches Wasser der Fata Morgana
Wertvolles Wasser, dräniert in den Schweiß
oben - unentbrannt - das Wasser der Zirruswolken.
       Er fand den Brunnen und stieg hinab,
tauchte die Hände ein, und das Wasser ward rot.
Niemand konnte je wieder davon trinken.

12. Januar 1984

Primo LEVI (dt. von mir)

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Zufallsbild

mac023

auch

Dieses Weblog wird vom Deutschen Literaturarchiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht.

Blogged.com

Aktuelle Beiträge

...
an der wand der schatten der glühbirne links daneben spinnwebenreste wi e...
parallalie - 10. Feb, 21:48
Ibn Hamdîs, Diwan, XXI
Er beschreibt eine Kerze 1 Eine Lanze aus Wachs, aufrecht...
parallalie - 5. Feb, 21:30
Auf dem Damenweg
Ein Vogelflug oben im Himmel Unten im Tal am Ohr das...
parallalie - 1. Feb, 23:06
Ibn Hamdîs, Diwan, XX
Er macht eine Satire auf einen Strauß Blumen 1 So...
parallalie - 1. Feb, 19:00
Ibn Hamdîs, Diwan, XIX
1 Zu Unrecht straftest du meines Herzens Zärtekeit mit...
parallalie - 31. Jan, 21:06

Status

Online seit 7744 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 11. Feb, 14:11

Credits


Äpfelschuh'
black is black is black
che pizza!
Chemin des Dames
Cholera moribus
d-land
Giacomo Joyce
Ibn Hamdîs
ibridi
Impressum
in italiano
iste
kaefige
la torre
lyrik-lyrik
lyrisches intermezzo
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren