Sonntag, 22. Januar 2006

die heizung ...

die heizung
pfeift in den abend
und dunkelt
was lampen
leugnen

der tag ist zuende

wind-

wind-
wenn das laub noch zittert
den augen
und die ohren
das rascheln noch nicht vergessen
und deine finger
noch harren in warmer tasche
-gedicht

zwiesprach 1

Er: keine dialoge mehr mit mir?
Ich: eigenschöpfungskraftillusion.
Er: also doch lieber femdschöpfungskrafttaten?
Ich: komische wörter, die wir da benutzen.
Er: sie schwanken wie schlecht zusammengehaltene flöße auf dem meer eines verkaterten gehirns.
Ich: lugtest du wieder insgeheim?
Er: ubi Caia ibi Caio.
Ich: na, immerhin bin ich gestern noch rechtzeitig vorm fernseher aufgewacht, als es ans guillotinieren ging.
Er: ah ja, zur französischen revolution. tja, wenn man sich unbedingt trauen will, erst whisky, dann rotwein zu trinken, darf man sich des nicht allzusehr verwundern.
Ich: tritt hier nun nicht gleich alles breit, bitte.
Er: auch nicht die kopflosigkeiten allüberall auf den tannenspitzen?
Ich: weihnachtsmann!
Er: schon gut. ist ein käffchen zu haben?
Ich: ich setz’ neuen auf, den rest von gestern möchte ich dir nicht vorsetzen.
Er: na, ich hoff’ zumindest, vor weihnachten noch ein paar mal dein gast sein zu dürfen.
Ich: chi verrà, vedrà.
Er: reimte der herr geheimrat.
Ich: komisch, es liegt aber gar kein schnee!
Er: ach so, von wegen weihnachten und tannenspitzen...

Samstag, 21. Januar 2006

ihr roter unterarm ...

ihr roter unterarm
in der schüssel
voll schweineblut

schlachtezeit

Freitag, 20. Januar 2006

the inner net

innernet

Amelia, 20.1.06

amelia060120

vorgestern stürzte ein 20 meter breites stück der stadtmauer von amelia ein (etwa 10 km von hier) : die unteren, unregelmäßigen quader lagen dort seit vorrömischen zeiten

ton trakl n'existe pas ...

ton trakl n’existe pas
sa pierre minuscule
avec ton nom
jetée dans le bruit
de la neige

o rocks
you might say

und dich betten ins bild

Donnerstag, 19. Januar 2006

[Wo das Meer stillsteht 4,16]

Porträt eines mittelalterlichen heiligen

ruhige einwilligung in den tod vor zeiten
wenn ein name eine art weisheit aufhebt
fleisch – akzeptiert letztendlich das gold des leidens

jedes kind lernt, das weinen zu nutzen
um darüber zu disputieren, ob die nachtphilosophien
stets mehr seien als die nächte selbst

ein requiem kann nicht singen, was jenseits der wunden liegt
noch können pinselstriche
die unpassende belichtung der augen wiedergeben

der tiefe himmel erlaubt nicht, daß man in ihn hineinfällt
seitdem – was wir erfunden
ist nichts als wortreiche distanz zwischen ohr und auge

[Wo das Meer stillsteht 4,15] <<>> [Wo das Meer stillsteht 4,17]
Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

„wenn ein name eine art weisheit aufhebt“ – für: „when a name cancels a kind of wisdom“, die italienische übersetzung hat: „come un nome neutralizza una intelligenza“. mich lockte hier das dreideutige „aufheben“.

„zwischen ohr und auge“ – für: „between ear and eye“, die italienische übersetzung hat statt dessen: „tra bocca e timpano“ (zwischen mund und trommelfell) --- was interessante überlegungen zu den sinnesorganen eingibt : zwischen mund und ohr schien mir einleuchtender zunächst : dann aber der gedankengang : daß zwar ohr immer auch eine parabolantenne zum empfangen : daß zwar auge immer auch eine linse zum empfangen : daß zwar mund immer auch eine höhle zum empfangen der laute, die darin hausen wollen : hier erstes zögern : den mund als empfänger empfinden wir : wenn’s ans essen und trinken geht . das ohr aber als sender : kommt uns nicht in den sinn : auch nicht das auge als sender (es sei denn gegenüber der geliebten oder des gehaßten : if looks could kill) : dennoch scheint mir : als sei wahrnehmung gleichzeitig auch ein mitteilen der wahrnehmung : insofern teilt das ohr mit : teilt das auge mit : nimmt der mund jenseits aller seiner geschmacksnerven auf der zunge wahr : wenn er spricht

Mittwoch, 18. Januar 2006

es regnet ...

es regnet
eine feststellung
aber kein feste burg
nur
eine wahrnehmung
dessen
was in deinem kopf
als triefendes haar
sich projiziert

Dienstag, 17. Januar 2006

spa_tien

spatienlogo

Es ist Heißhungerstunde

Es ist Heißhungerstunde, Stunde dir, Narr du.

Reiß aus dir das Herze.

Es schmecket salzig sein Blut, und schmecket
Säuerlich, und süßlich ist’s, wie’s dem Blut nun mal eigen

Es verleihen der Tränen
So viele immer mehr Würze ihm, deinem Herzen.

So vieler Tränen Frucht, dieses dein Herze,
Reiß es dir aus : schling’s runter : iß satt dich daran.

Giuseppe UNGARETTI

È ora famelica, l'ora tua, matto.

Strappati il cuore.

Sa il suo sangue di sale
E sa d'agro, è dolciastro essendo sangue.

Lo fanno, tanti pianti,
Sempre di più saporito, il tuo cuore.

Frutto di tanti pianti, quel tuo cuore,
Strappatelo, mangiatelo, saziati.

Montag, 16. Januar 2006

legtest deine hand ...

legtest deine hand
an meinen brustkorb

ob er sich noch
hebe und senke

dachte ich

und hätte tatsächlich
aufhören sollen zu atmen

denke ich

Salustius, Über die Götter und die Welt – 8,5

8,5 Auch wenn sie [die Seele] sich des Körpers als eines Werkzeuges bedient, wohnt sie nicht ihm, wie auch der Handwerker nicht in seinen Erzeugnissen wohnt: Fest steht, daß viele Mechanismen sich bewegen, ohne daß jemand sie tatsächlich berührt. Wenn sie dann oftmals vom Körper zum Irrtum verleitet wird, muß man sich dessen nicht wundern: Auch die Künste erzielen keine Wirkung, wenn ihre Werkzeuge fehlerhaft sind.

[Salustius 8,4] <<>> [Salustius 9,1]
Einleitendes

Sonntag, 15. Januar 2006

schwimmen

schwimmen

[zettelwirtschaft]

Samstag, 14. Januar 2006

wie sich die blicke ...

wie sich die blicke
verlieren
zwischen mir und dir
in der pause
im kino

als suchten sie das verlieren
und nicht das verlorene

[Wo das Meer stillsteht 4,15]

Mann aus zement

1

unmenschlich das mondlicht – schrumpft erneut, um das künstliche
fleisch von vier himmelblauen jahreszeiten zu werden – blutverlust
wird ganzjähriges grau
das laufen der kinder als emblem für todesgewißheit

2

die toten zermahlen vom schnee, der sich in den gliedern gesammelt hat
ein zementsarg
verwandelt lebendige vögel in nägel
wildkatzen kreisen im hohen dickicht
schmutzige schwäne in emsiger brunst
reißen auf jeden tages steppdecke aus zement

3

wohin laufen – wohin nicht laufen – wohin kannst du nicht laufen

nicht laufen können

der ganze körper fest eingeschlossen in das fenster der nacht
ein leben lang klettert die eidechse eine knochenwand hinauf
tiefer sickert der ozean aus dem sand
eines steines scham – ist es, den klang schwacher herzschläge zu ertragen

4

die hand des himmels wird erbarmungslos draufknallen
immer ein bißchen spät die hilfeschreie – später nur als der tod

immer noch spielst du mit statuen
du kannst dich nur einholen, wenn du im keller lebst

[Wo das Meer stillsteht 4,14] <<>> [Wo das Meer stillsteht 4,16]
Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

Freitag, 13. Januar 2006

hingeworfen in den blick ...

hingeworfen in den blick
und zerbellt die mondmünze
auf abendliche graulbläue

grabschende äste

nur schwach dringt ...

nur schwach dringt
ins rascheln der gasflamme
ins knistern der festplatte
das seufzen der motorsäge

wie wird mir dann wieder leid tun
der freie blick über den zaun
das fehlende laub im frühjahr sommer herbst

denn alles säget er ab
er mit der motorsäge, domenico
und es barmet ihn nicht

Donnerstag, 12. Januar 2006

dem nord aus ...

dem nord aus
schlüpft im wind
und handlos *)
kaltes streicheln
bestrumpft die waden
dennoch gänsehaut
in der umarmung
bebende brust
und herzgetüme

tummel du dich
dieweil netzgefangen
luftschnappend
hinab in
strumpfbedeckte waden

nord- dich entlaubend
-wind

*) „Er erinnert sich der höllischen Qualen, die ihm Ausdrücke seiner Mutter im Wachen und im Schlafen machten! Wenn der Wind mit sonderbarem Getön durch die Hütte pfiff, so nannte seine Mutter dies den ‚Handlosen Mann’, ohne weiter etwas dabei zu denken: wie manche grauenvolle Stunde, wie manche schlaflose Nacht, hat dieser ‚Handlose Mann’ ihrem Sohn noch lange nachher gemacht!“
MORITZ, Anton Reiser, zitiert nach A. Schmidt „Fragmente“

vgl. auch: http://parallalie.twoday.net/stories/1303020/
und: http://parallalie.twoday.net/stories/1301022/

Mittwoch, 11. Januar 2006

Salustius, Über die Götter und die Welt – 8,4

8,4 Ihre [der Seele] Unsterblichkeit folgt zwangsläufig aus dem Umstand, daß sie einerseits die Götter kennt (während dasjenige, was unsterblich ist, jedem Sterblichen vorenthalten bleibt), und daß sie andererseits Abscheu hegt vor den menschlichen Angelegenheiten, fast als wären sie ihr fremd, indem sie sich den Körpern als unkörperliches Wesen entgegensetzt. In der Tat, wenn die Körper jung und schön sind, wird die Seele zum Irrtum verleitet, doch wenn diese im Niedergang begriffen, bezeichnet dies ihren, der Seele, Höhepunkt.
Außerdem benutzt jede rechtschaffene Seele den Verstand, jedoch ist kein Körper in der Lage, solches zuwege zu bringen. Wie sollte es übrigens auch geschehen, daß verstandlose Wesen Verstand hervorbringen?

[Salustius 8,3] <<>> [Salustius 8,5]
Einleitendes

Dienstag, 10. Januar 2006

im abenddämmer ...

im abenddämmer
ziehen die krähen dorthin
woher sie kommend
früh am morgen ausgestreut
und schwarze blumen
vom morgenrot (die
flecken der sonne)
den tag in ihrem krächzen
neu verkünden

La nuict est niemands Freund

Montag, 9. Januar 2006

Ara Pacis

arapacis

Ara Pacis Augustae, heute in Rom

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