Donnerstag, 1. September 2005

...

[Wo das Meer stillsteht 3,4]

Der himmel verschiebt sich

du weißt, daß dort nichts ist – nicht mal der himmel
wenn ein schneeweißes skelett durch ein laken aus blau aufgelöst wird
das deck des grabes schaut immer so lange, bis ihm schwindlig wird
jeder tagesanbruch welkt rasch dahin
das fenster – wie eine von blendenden strahlen erleuchtete tribüne
dein kleines bett im klang des vom sturm gehaltenen vortrags
zieht sich immer noch zurück in die letzte nacht – jene richtung, in der kein du war
keine vögel – schwärme von zementwolken dröhnen in den bäumen
je mehr du töricht deinen kopf hebst, desto mehr füllt sprudelndes blut deinen mund

was sich verschiebt, ist die karte – verläßt den ort deiner bitteren tränen
ausgetretene schuhe reiben anmaßend ihre füße an deinen augen
was sich verschiebt, ist ein blauer panther – im wehklagen von kühen und schafen
der tausend mal geschlachtete alte – ruft nach seiner mutter
du mußt dich setzen an diesem tunnelgleichen ort
hörst du voll achtung dem tode zu, verschiebst du dich – wirst du verschoben

verlassen sein von der richtung eines sterns und zugewandt der anderen richtung
auch das sein, was in deinem schlaf verloren gegangen – in worte gefaßt
aller tage mondlicht wird gelb durch zur flucht gebrachtes fleisch
wie schleim auf den laken

verwesung – verschiebt sich ungeachtet des geschlechts in weiße buchumschläge
macht, daß sich der himmel in dir durch dich hindurch blättert
der vater steht und füllt dein sehen aus
eine von generation zu generation weitergereichte einsamkeit
hastig sich vermischende pferderudel – laufen wild auf dich zu
ein eulenlächeln auf dem antlitz der schneeblinden
das ist die vergangenheit – in der verfallenen vorhalle des sich verschiebenden himmels
du bist vergangenheit und siehst nichts – hell und leer
zwingst einen einzelnen baum, sich über einen pechscharzen vordergrund zu türmen

[Wo das Meer stillsteht 3,3] <<>> [Wo das Meer stillsteht 3,5]
Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

...

da wieder du : gardine
du wieder : im licht der gardine
kaum merkliches zittern
in der lichtstille
zwischen schattenrahmen
und schattenrahmen

und ein brief : von dir
ungeöffnet auf dem tisch
helles weißes rechteck
du wieder : verschlossen

ihn öffnen : mich öffnen

Mittwoch, 31. August 2005

...

alles in mir schmiegt sich
in die falten der landschaft
verbergen will verbergen
mich in ihrer haut
hinter den schollen
aus dunkler erde
mich blenden lassen
morgens vom licht
oder aufsetzen
eine brille aus laub
nichts sonst
habe ich
an

Dienstag, 30. August 2005

...

die kaffeemaschine brüllt
zum pop aus tausend lautsprechern
stimmen verlieren sich
fünf minuten fünfzig cents
noch eine stunde bis zur abfahrt
blog - was bleibt ist blog
im zeitloch zwischen jetzt und dann

reisen: abwesenheiten

Montag, 29. August 2005

...

Fremdheit ist wie das vergebliche Reiben an einem Fleck

Wilhelm GENAZINO

...

mit dem rücken voran
in richtung münchen
so sollte man immer
zurückfahren
während vor einem
sich breitet vergangenes

...fast als entließe mich
das was zurückbleibt
in ein anderes zurück
das als ziel
sich nicht in die zukunft
projizieren lassen will

Sonntag, 28. August 2005

...

durch den wald auf sandwegen
mit schlingerndem fahrrad und
lichtbotschaften als strichcode
regelmäßig stehender fichten
die zu lesen mein sehen mich hindert

wäre ich zu fuß, ich bückte mich
nach einem knüppel im moos:
bliebe er hängen in den ästen
dann wüßte ich um die bäume

Samstag, 27. August 2005

...

schwelle2

von schwelle zu schwelle

Freitag, 26. August 2005

...

schreiben ein schlafen
im schlaf der anderen
wenn morgens im schrägen licht
ziergräser um einen glatten rasen
gespiegelt im fenster sich wiegen

Donnerstag, 25. August 2005

...

im gehen beleuchtet
zigarettenglut
den dunklen parkweg
dann unwillkürlich
den kopf vorstrecken
und die augen
zusammenkneifen
und einen meter
vor dem ende des weges
ausrufen:
"hier geht's nicht weiter"

Mittwoch, 24. August 2005

...

simple häuser aus akkorden
in denen
take a walk on the wild side
das wiedererkennen
des immer gleichen
fast schon ein wohnen
im das-bin-ich-auch
(und kind werden
im noch-einmal)

"du auch noch ein hefeweizen?"
"ja gern" - und neue aschenbecher
bringt der wirt

Dienstag, 23. August 2005

...

abschied von norbert
und nicht mehr den mut gehabt
ihm eine dito gute reise zu wünschen
dafür aber streichelte ich seine hand
hilflose gesten vor eines anderen
death-line

"wenn es dann soweit ist, hat man dann
einen vollen oder einen leeren kopf?"
fragte er ein paar abende zuvor

Montag, 22. August 2005

...

schön schrecklich
schrecklich schön
l-opfer
schön schreckt ich
schreck ich : schön
ich schön? : schreck!
ich-opfer
schreck? : schön!
verschrönkung
schrönck
reminiszenz des großen diktators
stonk

...

auf einem rosa handtuch
im schatten im gras im park
und alle paar minuten

higher still and higher
from the earth thou springst


lärmendes an-höhe-gewinnen
(flughafen tegel läßt grüßen)

the blue deep thou wingest

lerchen nicht - nicht "unbodied joy"
"wir leben in einer posthumanistischen zeit"
lieber eine tüte bauen und
"hol doch mal sylvia aus dem rucksack"
und vielleicht auch noch ein bier

Sonntag, 21. August 2005

...

einen text haben : und ihn nicht schreiben können : ihn verwerfen : weil darin eine tarnkappe vorkommt : die eine weitere tarnkappe : hervorrufen würde : dennoch steht darin : auch wahres : aber wahres zeigt sich nicht : unter tarnkappen : schon gar nicht in "verdunkelter stunde" : die tarnkappe aber "begehren" : und gleichzeitig dagegen "aufbegehren" : und blätterte ich stundenlang in den nibelungen : dem alberich : wird immer ein siegfried : so wie dem käse : eine maus : der maus : eine katze : der katze : ein hund : dem hund : ein chinese : preferisco così : dasitzen : und schauen : wie der regen herabrinnt : auch wenn die sonne scheint

Samstag, 20. August 2005

...

ist die lamp' entzwei
liegt im staube taub das licht
wolken plustern dissolvenz
regenbogen glänzet nicht
soon forgot is soon forgot
auch die laut' entzwei
müssen missen müssen missen
haben aber lippen
bald schon alles um
haben aber lippen
vergessen die geliebten
bald schon
worte
um

mit einem blick auf "Lines: When the Lamp is shattered" von SHELLEY (gestern beim antiquar Henke in der Motzstraße gewesen: DER (i.e. Shelley) fehlte mir noch)

Freitag, 19. August 2005

...

in der mit seide verhängten stadt
müssen selbst die winde
vor augen seid'ne bänder tragen
damit im verschleierten blick
sie ihre schritte sachter setzen

ich aber nahm die binde ab
und dreht' mich um zu ihr

kind of "unsichtbare städte"

...

noch wächst es weiter
sofern es wasser hat
und licht und luft
bald aber wachsen
nicht mal mehr die briefe
hinter geschloss'nen doppelfenstern
in denen sich die dinge
wieder doppelt spiegeln
im guten wie im bösen
wenn die abende länger werden
und das auge innen
auf und nieder geht
und öfter wohl im nieder'n
mag verharren

kind of "herbstvorahnung"

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Zufallsbild

ich_ka2

auch

Dieses Weblog wird vom Deutschen Literaturarchiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht.

Blogged.com

Aktuelle Beiträge

...
an der wand der schatten der glühbirne links daneben spinnwebenreste wi e...
parallalie - 10. Feb, 21:48
Ibn Hamdîs, Diwan, XXI
Er beschreibt eine Kerze 1 Eine Lanze aus Wachs, aufrecht...
parallalie - 5. Feb, 21:30
Auf dem Damenweg
Ein Vogelflug oben im Himmel Unten im Tal am Ohr das...
parallalie - 1. Feb, 23:06
Ibn Hamdîs, Diwan, XX
Er macht eine Satire auf einen Strauß Blumen 1 So...
parallalie - 1. Feb, 19:00
Ibn Hamdîs, Diwan, XIX
1 Zu Unrecht straftest du meines Herzens Zärtekeit mit...
parallalie - 31. Jan, 21:06

Status

Online seit 7747 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 11. Feb, 14:11

Credits


Äpfelschuh'
black is black is black
che pizza!
Chemin des Dames
Cholera moribus
d-land
Giacomo Joyce
Ibn Hamdîs
ibridi
Impressum
in italiano
iste
kaefige
la torre
lyrik-lyrik
lyrisches intermezzo
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren