Donnerstag, 30. Dezember 2004

...

windschreiBabend
windschreibendEben
schreibendBeben
schreitet Babelwind
bebt Windelschrei
windEbenen schreibEbenen
scherWind : dich
schreiWider : mich
schreib
schrei!

(keinen menschen gesehen : seit gestern vormittag : die welt hat mich wieder : ich sie nur noch vermittelt : über elektronische stimmenimitatoren : was nicht hinderte : daß Cherubino mir die augen etwas feuchtete : rührei im abenddämmer vorm kamin : hach!)

...

Und aus den Baumwipfeln werden bizarre Gesichter. Die Baumwipfel betrachten ihn,
bekommen Schulter und Arme. Zeigen ihm drohend die Finger und grinsen.

Alban Nikolai HERBST ("Höchstens drei kann er damals gewesen sein.")

schon seit einer stunde
geht das so:
sobald ich hinaufschau'
zum hügelkamm
schneidet mir ein baum
mit seinem blätterhaupt
spöttisch grinsend grimassen

oder ist's der wind
der mich so zum besten hält?

Archiv, 5.8.2000 (einen Tag nach dem 45. Geburtstag meiner Frau (58 - 5.8.))

Mittwoch, 29. Dezember 2004

...

sorgfältig in akurater kalligraphie
begann ich heute, den neuen
taschenkalender mit notizen
zu verzieren : über die laufenden
ausgaben : und schon vier posten
(welche fülle!) : allerdings fehlen
mir zu drei posten die jeweiligen
beträge : naja morgen : vielleicht

(wichtig dabei war doch nur : daß ich geduldig die buchstaben : zirkelte und zu worten zusammensetzte : ganz leicht nur den stift : über das papier gleiten lassend : (zum thema: ersatzhandlungen) : )

Dienstag, 28. Dezember 2004

...

in diesen Augenblicken

passim in Genazino „Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman“ : (meine weihnachtslektüre : durch die ein wenig sinn in diese beiden tage kam) : überraschender plural! : denn er meint das : was ich normalerweise im singular ausdrücke : aber dafür umso plausibler und korrekter

...

kaufen wollte ich nichts
als ich in der buchhandlung
im bahnhof termini
meine zeit verblätterte

nur den zug verpassen

(um in zweckloser nichtzeit : mich aufzuheben : mich aufzulesen)

Montag, 27. Dezember 2004

...

es sind wenn sie sind die dinge die sind die sind was sie sind sintemalen ich ein "sind" aus vielerlei : sindbad der seemann : findbad der feemann : schindbad der schneemann : kindbad der kleemann : mindbad der mähmann : mundbad der muhmann : schnürband der schnurrmann : blindbad der blähmann : bählamm das palmblatt

...

aufgrund der witterungsverhältnisse
ist es untersagt
die flügel auszubreiten
///////////////////////////////
“Documento1
Salvare le modifiche a Documento1?
No”

Sonntag, 26. Dezember 2004

...

wie da die brust emporbebte : und vorwärmte was dann als hitzestolz glühte : als ich dem 18jährigen neffen wieder mal vorschwärmte : daß ich '69 in London : sage und schreibe : im kino von highgate : und rauchen durfte man da drin! : woodstock und yellow submarine und let it be : alles irgendwie mittendrin und direktemang dabei : mir als junger spund durchaus beeindruckt : ansah und in mein gepäck für später tat.. da ist es immer noch...

ich weiß nicht, ob als dank dafür oder für anderes : immerhin schenkte er mir ungefähr ein fünftel seiner diesjährigen marihuana-ernte : es hat sich also doch gelohnt : sich lächerlich zu machen

Mittwoch, 22. Dezember 2004

...

himmel und erde?
frag den horizont

 

durch das
ungesalzene brot
tropfte das frische olivenöl
auf meine gespreizten hände
um beim hineinbeißen
fettete es meine federn ein
lang' schon hatte ich die
katze beobachtet
und machte es ihr gleich
nur, daß meine ungelenke
vogelzunge nicht viel
auszurichten vermochte

da beschloß ich
in die morgenröte zu fliegen
aus der mir der krähen
gekrächz entgegenkam

da nahm aurora als zünglein
den allerersten strahl
der sonne über berges grat
drückte meine hände
an ihre drallen
apfelsinenbrüste
wie hätte ich mich da
losreißen können?
strahl um strahl
schwanden sie
und ich dahin

(Archiv 9.1.2002 - hinzugefügt am 24.12.2004)

Dienstag, 21. Dezember 2004

...

gedicht, daß ich schreibe
unter die zu korrigierende übersetzung
die ich morgen beim gericht
zu beglaubigen habe
ich sollte dich stehen lassen
dann würdest auch du
ins dicke buch eingetragen
mit stempeln, fortlaufenden nummern
steuermarken und unterschriften versehen
so daß ich als der urheber
zur verantwortung gezogen werden könnte
für deine richtigkeit

die sache hat nur den haken
daß der übersetzung immer
das original beizugeben ist

wo aber, gedicht, ist dein original?

Sonntag, 19. Dezember 2004

...

telefongesichter

img007

...

now I know : my name is humlet *) : and I hum to myself : so there's no reason : to speak to myself : like hamlet

*) listen to 1 minute of "Arrival Platform Humlet" by Percy Aldridge Grainger

gehupft wie gesprungen: bei google führen die meisten humlet-links nach Dänemark (sic!): humle ist hopfen und humlet gehopft.

P.S. dennoch bin ich durch die familie meiner mutter verHAMELt! was tun?

Samstag, 18. Dezember 2004

...

tja, bei diesen selbstgesprächen : da muß man immer selber sprechen : da kann man das gar nicht delegieren : was soll man dazu sagen? : doch nicht etwa „herrgottimhimmel!“ : kein bimmelgott „um himmels willen“ : aber auch kein bimmelwille : oder doch? : ich häng’ mich an die große glocke : bimmelbaumelnd : dann kommt ein hohes c : und schnippelt mich ab : dann fall’ ich tief nach unten : und mache ein sonores „plompf“ : für die weiter entfernten neugierigen : oder vielleicht auch ein krachendes „krawumm“ : für die nähere umgebung : danach ist auf jeden fall stille : womit ich adäquat meine weihnachtsvorbereitungen : hinter mich gebracht hätte : denn „stille nacht, heilige nacht“ : der rest ist schweigen : wie so eine zitiergeste will : (ich nicht, heiße schließlich nicht Hamlet *) )

*) immer diese vatergespenster: selbst bei barlach winkt der pappa fröhlich aus dem grabe... **)

**)
vater spinnt
mutter rennt
schaut das kind
und es flennt

Freitag, 17. Dezember 2004

...

nassgeregnet im gras
lederfarben wie mumien
rings um den baum
langsam faulende andenken
an den fünfzigsten sommer

und wenn dann fünfzig winter
deine brau'n belagern...

(das ja doch dräuende altern und der zu Shakespeares zeiten mit "forty winters" (Sonett Nr. 2) schon nahende verfall wird von Karl Kraus sehr geschickt unseren zeiten angepaßt, in denen die lebenserwartung deutlich höher liegt [und in denen die "senioren" sich durchaus noch mit siebzig lächerlich machen dürfen]:
Dir wird, wenn in die Jahre du gekommen
und Falten furchend durch dein Antlitz ziehn
...)

Donnerstag, 16. Dezember 2004

...

nicht mich sehen
sondern das, was die eule
gestern gesehen
als sie ins dunkel flüchtete
aufgescheucht von den scheinwerfern
meines autos und
sehr dicht vor meiner
windschutzscheibe
über die straße flog
mit ihren weiten
weißgrauen schwingen

wie aber sah ich da aus?
wie eine vorüberhuschende
grelle belästigung
in einer lärmenden blechkiste?

(Der Spiegel // welch einen traurigen gegenstand / haben die menschen erfunden! / jeder der sich spiegelt / steht sich selbst gegenüber / und wer fragt / ist gleichzeitig befragter / um tiefer einzudringen / muß der mensch das gegenteil tun / und sich entfernen - Kikuo TAKANO)

...

die erste silbe gellend
ruf' ich dich immer dann
wenn du dich scheren sollst

dann reimst du "bellend"
und rufst hingegen mich
als wär' mein name dein gebell

du aber verstellst dich nicht:
ich soll tatsächlich kommen

(ich habe es vorgezogen, den titel "auf den hund gekommen" zu löschen: zu gängige münze, zu sehr schublade, zu sehr den rest des textes verleumdend. denn ich wollte ja nicht beschreiben, daß ich "in schlechte verhältnisse geraten bin", sondern etwas ganz anderes. - ergo: den gängigen floskeln mißtrauen, mit denen man sich gemeinhin des denkens enthebt.)

Mittwoch, 15. Dezember 2004

...

Hand, such den anderen Weg
Laß nach, laß nach und nach
Die Dinge, die du genommen;
Versuch den Weg, auf dem nichts bleibt
In der Hand.

Hand, such den anderen Weg
Wenn du dann alles verloren,
Was du gelassen,
Die Leere, ja!
Die Hände leer
Zusammen dann
In einer schlichten Geste.

Kikuo TAKANO (1927) (nach einer ital. Übersetzung)

[ich gebe zu, die übersetzung aus dem italienischen ließ mich über „severo“ stolpern, was eigentlich „streng“ bedeutet, aber eines meiner wörterbücher ließ mich „schlicht“ wählen. die „schlichte geste“ nahm dann eine sehr religiöse bedeutung an, und jetzt, als ich mich wieder daran setze, kommen mir sogar diese omnipräsenten „betenden hände“ Dürers vor augen, so daß zwei korrekturen dem rechnung trugen. so daß „oh, il vuoto!“ zu „Die Leere, ja!“ wurde. oder geschah dies vor den „betenden händen“. ich weiß es nicht mehr, glaube aber [sträuben sich doch hier meine finger: wollen gleich das „glaube“ wieder löschen], die leere sei für mich lehre.]

[alles wegen der hände : und bezieht sich auf das, was unten steht, so wie man in einem chronologischen text „oben“ sagt : also das oben ist durch das unten bedingt : ist darum die form der textanordnung in einem weblog demokratisch?]

...

dein seidenes haar

(so lang gewachsen in all der zeit!)

das eilig die buchhandlung durchquerte

ließ mich heut’ fast

mein wahrnehmen für wahr nehmen

leugnete schließlich mein wahrnehmen

denn dein seidenes haar

es wurde einverleibt

von irgendeinem treppengeländer

das – trotz suchender blicke –

dein seidenes haar

nicht mehr aus den händen ließ

derer, die an ihm sich hinaufzogen

als wäre dein seidenes haar

das gleiten der hände

auf dem treppengeländer

 

aber keine hände glitten

über das treppengeländer

nur meine glitten mit mir

über das treppengeländer der wahrnehmung

hinüber in die seide spinnenden hände

dein seidenes haar

dein aus meinen händen gesponnener seide gesponnenes haar

Dienstag, 14. Dezember 2004

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eine sternschnuppe
und ich wünschte mir nichts
noch eine sternschnuppe
und der wunsch entstand a posteriori
eine dritte sternschnuppe
und ich wünschte mir eine vierte
die aber kam nicht

über den zaun hinweg
beschrieb lediglich
die noch glimmende kippe
eine rotleuchtende bahn

Montag, 13. Dezember 2004

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du färbst deine grauen haaransätze
und ich sitze hier und versuche
farbe in meinen grauen alltag zu bringen
und ein jeder von uns klagt
über die wie immer
zu kurz bemessene zeit

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