Samstag, 31. August 2013

Marcello Sambati: einen atemzug einmal noch … / Un fiato ancora ...

einen atemzug einmal noch
einmal einen herzschlag noch
ungestorben das gras das nie entsprossen
wordfetzen aus dem korallenleib
krüppelworte für niemanden
warte, licht, verweile noch …

noch ein wort
einen flecken seele, einen punkt
einfach so; doch im einfach so verliert sich
das geschöpf im stirnband des so sei’s

Un fiato ancora,
ancora un batticuore,
l’erba che non è nata è l’erba che non muore.
Spezzoni di parole del corpo madreporico,
parole storpie, non destinate,
aspetta luce, fermati …

Ancora una parola,
un fazzoletto d’anima, un punto
senza scopo; senza scopo la creatura
si perde nel diadema di un amen.

Marcello Sambati: Tenebre. Roma 2010

Samstag, 24. August 2013

den tag ...

den tag
(auch er
nur ein hund)
verbellt ein hund

in den mund
fährt ein martinshorn
den nächsten
kranken

in den die fliegen
fliegen

weil ihn plötzlich
die luft das maul
aufreißen läßt

in das die fliegen
fliegen

als fehlte ihr was

Samstag, 17. August 2013

la scintilla ...

la scintilla
che passava
sdrusciando
cogliendomi

acceleravo
il passo

non volevo
prendere fuoco

ma rimanere
porto sepolto, un
contre les murs,
contre les mères


in radiance
raggiante

Freitag, 16. August 2013

der affront ...

der affront
an der grenze
zu leben
zwischen gut’
und bös’

er hatte
der vater
einen trunkenen
engel
im kopf

so weich
sein flügelschlag
so stet

schakale schlichen
hinzu

der engel
schlug und schlug

so weich so stet
zwischen gut’ und bös’

an der grenze
wo die schakale lauern

die scheren
die wüsten
die flügel
die wandern
die schneiden

und kein lachen

Donnerstag, 15. August 2013

hat auch ...

hat auch
nicht wirklich
im vielleicht
seine ins sein
projizierte
wahrhaftigkeit
ihren grund

als eher
im schnupfen
danach

es dreimal
zu denken
um’s wahr
zu machen

war einmal

Montag, 12. August 2013

nach baumarten ...

nach baumarten
differenzierte
analyse der
rauschfrequenzen
des windes

son apothème
d’angoisse


allen uhrzeigersinn
hinter sich lassen

und schlafen
ein tagtraum
im hellsten

himmel

Mittwoch, 17. Juli 2013

gargoyled

mit gespreizten fingern
all das wasser
von mir speiend
das auf die hand läuft
(aber es wird nicht warm
grad wie das gezweig’
an lavinias händen)
je im eigenen fingerstrahl
gerüchte verbreitend
es habe eine der kuppen
den himmel durchbohrt

es erzählten es
die schwarzen engel
schreiend in ihrem
hin und her
zwischen mond und erde

als eine dicke taube
unterhalb der gürtellinie
der dachtraufen
sich zu fliegen traute

Mittwoch, 3. Juli 2013

nachsicht

wenn die frau
die auf den stufen
zum hof
ein buch liest
dessen grellgrünen
titel zu entziffern
auf dem rückweg
da du sie von vorn siehst
die augen
nicht mehr taugen
die den kindern
den rücken kehrte
die dir den weg versperrten
als du losgingst
und deiner stimme sich
zuwandte die da
hineinplatzte
und dir nachsieht
die schritte
dann wieder
treppauf
zum holunderbusch
in dem der zugvögel
stimmen den geist
des kindes
aufstöbern
das du warst
wird

Montag, 27. Mai 2013

der vater in der ...

der vater in der
heimat darbt

er habe doch immer
alle seine freunde dabei
(manchmal sagt’ er:
freude)

sagt’ er
den ich getot’
getödt’
hab’
dieweil

all
die
weil

all
die
weil

Montag, 20. Mai 2013

blumenalt

die
blume
wird
alt
das
auge
trocken

blumen-
alt
das
auge

blume
die’s
wird

nicht die hand hielt ...

nicht die hand hielt
was hand verhieß

die kurze be-
rührung

auf die mutter
die tote
legt sich mein
leib

utter this
utter this

die finger
rot auf-
geschwollen

bersten
berserken

(8.5.13)

Dienstag, 16. April 2013

Unfertig - Giacomo Joyce 48

Unfertig. Eine kahle Wohnung. Trübes Tageslicht. Ein langes schwarzes Klavier: Totenschrein der Musik. Abgelegt auf dessen Rand ein Frauenhut mit roten Blumen und ein zusammengerollter Schirm. Ihr Familienwappen: ein Helm, Zinnoberrot, ein Speer, frei heraus auf zobelschwarzem Feld.

Post scriptum: Lieben Sie mich, lieben Sie meinen Schirm.

Unreadiness. A bare apartment. Torbid daylight. A long black piano: coffin of music. Poised on its edge a woman's hat, red-flowered, and umbrella, furled. Her arms: a casque, gules, and blunt spear on a field, sable.

Envoy: Love me, love my umbrella.


>>> erste version.

>>> Giacomo Joyce 47

"Warum?" - Giacomo Joyce 47

"Warum?"
"Sonst wär's mir unmöglich, Sie wiederzusehen."
Schweifen - durch Räume - durch Zeitalter - Espenlaub der Sterne - und schwindender Himmel - Stille - noch tiefere Stille - Stille der Nichtswerdung - und ihre Stimme.

Non hunc sed Barabbam!

"Why?"
"Because otherwise I could not see you."
Sliding - space - ages - foliage of stars - and waning heaven - stillness - and stillness deeper - stillness of annihilation - and her voice.


Non hunc sed Barabbam!

>>> erste version.

>>> Giacomo Joyce 46
>>> Giacomo Joyce 48

Freitag, 12. April 2013

Jan Pieters Sweelinck - Giacomo Joyce 46

Jan Pieters Sweelinck. Der wundersame Name des alten holländischen Musikers läßt alles Schöne in wundersame Ferne entrücken. Ich höre seine Variationen für Klavichord über eine alte Weise: Mein junges Leben hat ein End. In der Nebelwelt der alten Klänge glimmt ein schwacher Lichtpunkt auf: die Sprache der Seele liegt auf der Zunge. Mein junges Leben hat ein End: und das ist jetzt. Es kann nicht sein. Du weißt es nur zu gut. Was dann? Schreiben sollst du’s, verdammt noch mal, schreiben sollst du’s! Wozu sonst bist du denn da?

Jan Pieters Sweelink. The quaint name of the old Dutch musician makes all beauty seem quaint and far. I hear this variations for the clavichord on an old air: Youth has an end. In the vague mist of old sounds a faint point of light appears: the speech of the soul is about to be heard. Youth has an end: the end is here. It will never be. You know that well. What then? Write it, damn you, write it! What else are you good for?

>>> erste version.

>>> Giacomo Joyce 45

>>> Giacomo Joyce 47

Montag, 8. April 2013

Das überzeugt mich nun wirklich nicht ... Giacomo Joyce 45

- Das überzeugt mich nun wirklich nicht, daß solche Beschäftigungen des Geistes und des Körpers auch noch der Gesundheit schaden sollen.
Sie spricht. Eine schwache Stimme, ferner noch als die kalten Sterne. Pythisches Orakel. Sprich doch! Sprich weiter, laß mich weise werden! Nein, diese Stimme kannt’ ich nicht.
Langsam umschließen mich ihre Windungen auf dem zerknautschten Sofa. Ich bin gelähmt, ich sag’ kein Wort. Sich schlängelndes Fleisch, den Sternen entbunden. Treuloses Orakel. Nein. Weg von hier. Weg.
- Jim, Liebster! -
Sanft saugen Lippen sich küssend in meine linke Achselhöhle: ein Schlangenkuß, der abertausend Adern öffnet. Ich verbrenne! Ich bäume mich auf, ein Blatt in lohender Glut! Aus meiner rechten Achselhöhle schießt eine reißende Flamme. Eine Sternenschlange hat mich geküßt: eine kalte Nachtschlange. Es gibt kein Entrinnen!
- Nora! -


- I am not convinced that such activities of the mind or body can be called unhealthy -
She speaks. A weak voice from beyond the cold stars. Voice of wisdom. Say on! O, say again, making me wise! The voice I never heard.
She coils towards me along the crumpled lounge. I cannot move or speak. Coiling approach of starborn flesh. Adultery of wisdom. No. I will go. I will.
- Jim, love! -
Soft sucking lips kiss my left armpit: a coiling kiss on myriad veins. I burn! I crumple like a burning leaf! From my right armpit a fang of flame leaps out. A starry snake has kissed me: a cold nightsnake. I am lost!
- Nora! -


>>> erste version.

>>> Giacomo Joyce 44
>>> Giacomo Joyce 46

Sonntag, 7. April 2013

Eine weiche erbsengrüne Decke ... Giacomo Joyce 44

Eine weiche erbsengrüne Decke blieb zerknautscht auf dem Sofa liegen. Ein enges Pariser Zimmer. Grad lag da noch die Friseuse. Ich küßte ihren Strumpf und spielte mit dem verstaubten Saum ihres rostroten Rocks. Dem der anderen. Sie. Gogarty kam gestern, um eingeweiht zu werden. Der Grund: Ulysses. Paradigma der geistigen Verfassung.... Also Irland? Und der Gatte? Soll er nun in seinen abgelaufenen Schuhen den Korridor auf- und abschreiten oder Schach gegen sich selbst spielen? Wozu sind wir eigentlich hier? Da lag doch grad noch die Friseuse, knetete meinen Kopf zwischen ihren knorrigen Knien.... Paradigma für Unsereins. Hört hört! Die taumelnde Trübsal kam zu Fall. Hört hört!

A soft crumbled peagreen cover drapes the lounge. A narrow Parisian room. The hairdresser lay here but now. I kissed her stocking and the hem of her rustblack dusty skirt. It is the other. She. Gogarty came yesterday to be introduced. Ulysses is the reason. Symbol of the intellectual conscience.... Ireland then? And the husband? Pacing the corridor in list shoes or playing chess against himself? The hairdresser lay here but now, clutching my head between her knobby knees …. Intellectual symbol of my race. Listen! The plunging gloom has fallen. Listen!

>>> erste version.

>>> Giacomo Joyce 43
>>> Giacomo Joyce 45

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