lyrik-lyrik

Dienstag, 25. September 2007

zu "Verrà la morte..."

der tod wird kommen und wird meine augen haben
doch drinnen
wird er deine finden

Verrà la morte e avrà i miei occhi
ma dentro
ci troverà i tuoi

Michele Mari, Cento poesie d’amore a Ladyhawke


der tod wird kommen und wird deine augen haben

Verrà la morte e avrà i tuoi occhi
Cesare Pavese


der tod wird kommen und
sich deiner augen annehmen
(deiner, sag’ ich, deiner
und wären sie MEINE)
und alle possessiva
hören auf zu sein

Samstag, 27. Januar 2007

Zu: Wilhelm Müller "Gute Nacht", Strophe 1

Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.
Das Mädchen sprach von Liebe,
Die Mutter gar von Eh' -
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.
wind hatt’ ich mir verbeten
wind wollt’ ich heute nicht
die sonn’ wollt’ ich anbeten
ich stellte mich ins licht
sie sprach mir nicht von liebe
denn bald schon: „und die eh’?“ -
mag sein, die welt sei trübe
den nicht-schnee sieht kein weh

Montag, 16. Oktober 2006

Zu Giacomo Leopardi "L'infinito"

teuer war mir dieser hügel immer
dem blick gehege baumes kronen
stehend im, schauend den, schaudernd
vor und schweigend dem schweigenden
raum von angesicht zu angesicht
und in der tiefe schüttert : herz...
ach, es schwirrt kein „unendlich“
du kannst dich nicht vergleichen
und das ewige währet kurz wie
die jahreszeiten, ihre wiederkehr -
im dreh’n und dreh’n der zeit nur
läßt sich ein immer weiter denken
so wie auch jetzt, ein dürres blatt
auf dem der herbst sein lied
sich raschelt : segeln dann erdwärts
liegen im noch & noch grünen gras


L'infinito

Sempre caro mi fu quest'ermo colle,
E questa siepe, che da tanta parte
Dell'ultimo orizzonte il guardo esclude.
Ma sedendo e mirando, interminati
Spazi di là da quella, e sovrumani
Silenzi, e profondissime quiete
Io nel pensier mi fingo; ove per poco
Il cor non si spaura. E come il vento
Odo stormir tra queste piante, io quello
Infinito silenzio a questa voce
Vo comparando: e mi sovvien l'eterno,
E le morte stagioni, e la presente
E viva, e il suon di lei. Così tra questa
Immensità s'annega il pensier mio:
E il naufragar m'è dolce in questo mare.


Das Unendliche

Lieb war mir immer dieser einsame Hügel
und diese Hecke wie sie nach allen Seiten
ausschließt vom letzten Horizont den Blick.
Doch sitzend und schauend erfind ich unendliche
Räume jenseits des Zaunes, übersinnliche
Stille und Ruhe vom Grunde des Schweigens,
wo so schnell mein Herz Nichts fürchtet;
hör ich den Wind, der aufrauscht in den Bäumen,
vergleich ich diese Stimmen mit der Stille vom
Grund: mir fällt Ewiges ein
und die toten Jahreszeiten und dieses Jetzt,
Ton der lebenden Zeit. So sinkt mir
der Gedanke weg ins Unendliche:
Schön ist der Untergang in diesem Meer.

Deutsch von Dieter Schlesak

Dienstag, 19. September 2006

Zu Werner Söllner "Zweite Natur"

Zweite Natur

Staunend
über die Ausdauer, mit der das Lebendige
lebt, über die Phantasie
der Triebe, schau ich zu, wie der Garten
langsam verwildert.

Ich weiß, ohne irgendein Recht, da
zu sein, bin ich hier. Fristlos kündbar
sitz ich am Zaun, arglos fertig
gemacht unter einem fremden Stern, herbeizitiert
in die Haut, diese einmalige Geschichte,
und bereite mich vor, während
der fleißige Nachbar das Gras
von der Klinge wischt, damit sie
nicht rostet.

Im gemieteten Paradies nenn ich
nichts Nennenswertes mein eigen, nur
eine machtlose Art Liebe, die fremd gehen wird
mit dem Tod, nur die paar gepackten
Buchstaben, auf denen ich sitze, nur
die Erinnerung, das fleißige Lieschen
meiner Irrtümer, stetig wachsende
Zweifel, meine zweite Natur.

Sicher, auch traurig geworden
auf natürliche Weise, als ich erwachte
und den Schlüssel blutrot im Gras
sah, ohne mich bücken zu können. Wenn
ich wüßte, wer das getan hat, ich würde
hingehn. Aber so bleibe ich, ungefragt
staunend, am Zaun, so beuge ich mich
vorläufig über ein Blatt, verliebt
in etwas, ohne Hoffnung
auf mehr.

Werner Söllner

dritte natur

staunend
über die wiederholbarkeit
der worte oder
was wächst, das wächst
wildes, widerndes denken

mich zu kündigen
braucht es keiner frist
als derjenigen der
angstquartale
vor denen der nachbar
den es nicht gibt,
scheut und drum nicht rostet.
zäune ums gras
damit es nicht fliehen kann.

mein eigen, ein ent-
eignetes eigen
von der liebe enteignet
die - auf bankkonten'
transferiert -
keine zinsen mehr brachte
es sei denn:
sollzinsen

und wie ich einst
die schlüssel hinwarf
im zorn
über irgendeinen zaun
und an einen kanal dachte
mir den atem zu benehmen -
zaun, ja
ihn allmorgendlich markierend
wie ein hund
als wäre noch hoffnung da.

moi même

Mittwoch, 6. September 2006

Zu Cummings "Beautiful ..."

Beautiful

is the
unmea
ning
of(sil

ently)fal

ling(e
ver
yw
here)s

Now

 

e.e. cummings

schön

ist das
nichts
sagen
de(schwei

gend)fal

lende(all
üb
er
all(sch

nein

 

(meine übersetzung)

schön - bella tu sei
ist das - è così
im nein - nel no
das fall- - e cado
ende - infine
überall - ovunque
nein die - i no
ich weiß - i lo so
und das - e adesso
jetzt und - e mo’
im hier - nel qui
noch ist - ne v’è
was ist - quel che è



(lyrik-lyrik)


leider kann nur ein thema angegeben werden, sonst hätte es auch in die übersetzungen gepaßt

Dienstag, 5. September 2006

Zu Jan Wagner "gaststuben in der provinz"

gaststuben in der provinz

hinter dem tresen gegenüber der tür
das eingerahmte foto der fußballmannschaft:
lächelnde helden, die sich die rostenden nägel
im rücken ihrer trikots nicht anmerken lassen


Jan WAGNER (gedicht bei lyrikline)

lächelnde helden auch dann
wenn die von rostenden nägeln
im rücken durchlöcherten trikots
von hinten durch die brust ins auge
den betrachter aufs korn nehmen
als gälte es ein tor zu schießen
wie einst vor dem aufstellen
zum foto und am tresen dann
ein bier bestellen und
einen korn

pRost dichter! sagen

und weg damit!


hiermit fängt eine neue rubrik an: "lyrik-lyrik", d.h. eine lyrische rezeption von gedichten.

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