Dienstag, 12. September 2017

Ibn Hamdîs, Diwan, I

1
Wie lange wollt ihr mich im Exil von euch verbannt?
Ach! wie meine Freunde meinen Feinden gleichen!

2
Sie weckten in mir den brennenden Durst hochroter Lippen
Doch an ihnen meinen Durst zu löschen, verwehrte Ferne mir.

3
Widersprachen meiner Hoffnung, die ich in sie gelegt.
Wie viele Heilmittel bewirken nicht das Gegenteil!

4
Unmöglich ist’s, ihr meinen Vorwand zu verbergen;
es ist der Jungfrauen Sitte, den Starrkopf zu bändigen.

5
Oh sie! Dies mein Auge, das man gesehen tränennaß
an meinem Morgen, an meinem Abend.

6
Mein Blick zog auf sich das Übel deiner Pupillen,
so daß mein Körper nicht einmal Hort im Schatten findet.

7
Jedes unfruchtbare Jahr hat seine wohltätigen Regensterne;
für die Unfruchtbarkeit meines Körpers gibt es keine Sternwohltat!

8
Meinertreu! Mög’ ich doch sein Glaubensflamme, der Licht entspringt,
und du, in deinem Busen, in dem Untreue gärt, versuchst mich zu mindern.

9
Der Tadel ist dir Ausnahme in dem Sprichtwort, das besagt:
“Die Entbehrung in der Wüste hält den fern, der sich darin verloren.”

10
Welche Gunst kann ich mir erwarten von deinem Vorwurf?
Schließt man etwa aus dem Krieg den Frieden?

11
Dein Versprechen hat nichts, was mir erfüllt werden könnte;
wie auch kann Fata Morgana löschen den Durst in der Wüste?

12
Oh du, die mir vorwirft, wenn erbebt meine unerschütterliche Ruhe;
meine Ruhe erbebt nur in der Nähe einer Wankelmütigen.

13
Laß sein die ärztliche Kunst, diesen Kranken zu heilen, als Rezept
ist indiziert der Speichel, den ihre Korallenlippen spenden.

14
Ein Kranker, der den Gruß der Schönen erwidert, die ihn aufsuchen,
ist wie der Schiffbrüchige, der mit den Armen winkt und Hilfe sucht.

15
Bittet man eine schöne Hochherzige um Heilung,
ist es, als wollte man ein Übel mit dem andern heilen.

16
Kein Stern, der die Mittagssonne zu ersetzen vermag,
und so hat auch Asmâ keine Gefährtin, sie zu ersetzen.


Aus dem Diwan des Ibn Hamdîs, geboren um 1056 in Siracusa oder Noto auf Sizilien, gestorben 1133 auf Mallorca. Übersetzung (Nachdichtung noch nicht ganz, eher ein Hineintappen in DIESE Bilderwelt) nach dem italienischen Text von Celestino Schiaparelli aus den Jahren um 1915, der zuvor den arabischen Text ediert und herausgegeben hatte (Rom 1897). Seine Übersetzung erschien erstmals 1998 bei Sellerio in Palermo.

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